Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Silvio Berlusconi soll der frühere EU-Kommissar Mario Monti das hoch verschuldete Italien aus der Krise führen. Staatspräsident Giorgio Napolitano beauftragte den 68-jährigen Wirtschaftsfachmann am Sonntagabend mit der Regierungsbildung. Monti nahm die Aufgabe "unter Vorbehalt" an.
Notwendig seien Konsultationen, die er schnell, aber sorgfältig ausführen wolle. "Ich werde zum Präsidenten zurückkehren, sobald ich in der Lage bin, diesen Vorbehalt aufzulösen", sagte Monti. Italien müsse in Europa ein Element der Stärke und nicht der Schwäche sein. Das Land werde in einer gemeinsamen Anstrengung aus der Notlage herausfinden.
Sollte Monti Chef einer Notregierung werden, erwartet ihn eine schwierige Aufgabe: Italien weist nach Griechenland den höchsten Schuldenstand gemessen an der Wirtschaftsleistung innerhalb der Eurozone auf. Staatspräsident Napolitano rief im Interesse des Landes zu einer Regierung auf, die breite Unterstützung finden müsse. In diesen Zeiten der Krise gelte es, sofortige Neuwahlen zu vermeiden. Napolitano hatte nach dem Rückzug Berlusconis ganztägig Gespräche über dessen Nachfolge geführt.
EU: ermutigendes Signal
Die Europäische Union begrüßte die Nominierung Montis. Dies sei nach der Verabschiedung der Spargesetze in Italien ein weiteres ermutigendes Signal zur Krisenüberwindung, teilten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel mit. Die EU machte allerdings deutlich, dass die Ernennung Montis nichts an der vereinbarten wirtschaftspolitischen Überwachung Italiens durch die EU ändern werde.
Asiatische Börsen im Aufwind
Die Börsen in Asien haben positiv auf den Regierungswechsel in Italien reagiert. Der Nikkei-Index in Tokio öffnete mit 1,37 Prozent im Plus und zog in den ersten Handelsminuten weiter an. Shanghai und Hongkong reagierten ebenfalls mit einem Anstieg der Kurse.
Berlusconi war am Samstagabend wie angekündigt zurückgetreten, nachdem das Abgeordnetenhaus ein von der EU verlangtes Sparpaket gebilligt hatte. Aus der Politik verabschieden will er sich aber nicht. Der Chef seiner Partei Volk der Freiheit (PdL), Angelino Alfano, meinte, Berlusconi werde wohl den PdL-Vorsitz übernehmen. Er werde mit doppelter Kraft politisch im Parlament weitermachen, kündigte Berlusconi am Abend in einer TV-Botschaft an.
Reaktionen auf Berlusconi-Rücktritt
Berlusconis Rücktritt wird in Italien als Ende einer Epoche gewertet: 17 Jahre lang prägte der «Cavaliere» politisch das Geschehen in seinem Land. Nach dem Abgang Berlusconis feierten dessen Gegner ein nächtliches Freudenfest. Stundenlang wurden in Rom Fahnen geschwenkt, Autohupen waren zu hören. Beobachter meinten, so sei bisher nur gefeiert worden, wenn Italien den Weltmeistertitel im Fußball geholt hatte.
Registriert wurde der Rücktritt auch in China: Er beendet eine Ära in Italien, die von Skandalen geprägt war, schrieb die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Der russische Regierungschef Wladimir Putin hatte seinen Freund Berlusconi bereits am Freitag als "letzten Mohikaner der europäischen Politik" bezeichnet. Berlusconi sei trotz seiner skandalösen Frauengeschichten mit seinem langem Verbleib an der Macht ein "Segen für das italienische Volk" gewesen.
dpa/rkr - Bild: Giuseppe Lami (epa)