Gespannte Erwartung am Tiber: In Rom wird am Samstag der Rücktritt von Silvio Berlusconi erwartet. Der umstrittene italienische Regierungschef hatte nach seiner jüngsten Niederlage bei einem kritischen Votum im Parlament angekündigt, unmittelbar nach der definitiven Verabschiedung über ein Reform- und Sparpaket seinen Hut zu nehmen.
Nach der Zustimmung des Senats vom Freitag wird erwartet, dass das italienische Abgeordnetenhaus die Reformen nach kurzer Debatte am frühen Samstagabend abschließend billigt. Danach dürfte Berlusconi im Quirinalpalast bei Staatspräsident Giorgio Napolitano sein Amt offiziell niederlegen.
Der Rücktritt bedeutet das Ende einer Ära: Berlusconi bestimmte das Geschehen in Italien fast zwei Jahrzehnte. Auf seinen Abtritt folgt auch die offizielle Regelung der Nachfolge. Noch am Abend und spätestens am Sonntagmorgen dürfte Staatspräsident Napolitano mit den Konsultationen der Parteien beginnen, um eine Übergangsregierung zu bilden. Als Favorit für die Nachfolge Berlusconis gilt dabei der frühere EU-Kommissar Mario Monti.
Ein von Monti geführtes "governo tecnico" ist die vom Staatspräsidenten, Industrieverband und Opposition befürwortete Lösung der Krise. Auch die Märkte hatten am Freitag positiv auf entsprechende Gerüchte reagiert. Der Euro stieg über die Marke von 1,37 US-Dollar und die Rendite für richtungsweisende zehnjährige italienische Staatsanleihen fiel auf 6,416 Prozent und lag damit gut einen Prozentpunkt unter den Rekordständen vom Mittwoch. Dennoch besteht noch Unsicherheit.
Vor allem Politiker aus den Reihen der Berlusconi-Partei PdL (Volk der Freiheit) lehnen sich noch gegen Monti als Premier einer "Technokraten-Regierung" auf. Laut Medienberichten bevorzugen viele von ihnen Berlusconis Kronprinz, den Pdl-Parteichef Angelino Alfano. Der bisherige Koalitionspartner Lega Nord lehnt eine Übergangsregierung ganz und gar ab und fordert Neuwahlen.
Mario Monti, der am Mittwoch von Staatspräsident Napolitano überraschend zum Senator auf Lebenszeit ernannt worden war, nahm hingegen am Samstag seine Arbeit auf. Wie italienische Medien berichteten, bezog er seine neuen Büros im Senat und traf sich zu Gesprächen mit dem neuen Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi.
Die EU hatte vom Euro-Krisenland erhebliche Sparanstrengungen verlangt. Das Gesetzespaket gegen die Krise, dessen Verabschiedung als sicher gilt, soll Steuererleichterungen zur Förderung des Wachstums und den Verkauf von Staatseigentum zum Abbau des Schuldenberges enthalten. Die Maßnahmen sollen aber auch für größere Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt sorgen. Zudem ist eine Anhebung des Rentenalters auf 67 bis 2026 vorgesehen.
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