Der angeschlagene italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat nach seiner jüngsten Abstimmungsschlappe im Parlament die Vertrauensfrage gestellt. 20 Minuten lang warb der 75-Jährige in einer Regierungserklärung vor dem Abgeordnetenhaus für seine Mitte-Rechts-Koalition, zu der es "keine glaubwürdige Alternative" gebe.
Das Vertrauensvotum findet am Freitag statt. Berlusconis Verfahren ist erprobt: Über 50 Vertrauensfragen überstand der skandalgeplagte Premier bereits seit seinem Amtsantritt im Jahr 2008.
Die linke Opposition, die seinen Auftritt boykottierte, bezeichnete Berlusconis Rede als "realitätsfern" und "peinlich". Dennoch könnte es dem Regierungschef nach Einschätzung von Beobachtern erneut gelingen, seine Reihen bei dem Vertrauensvotum geschlossen zu halten.
"Italien kann keine Neuwahlen gebrauchen"
Der Ministerpräsident des hoch verschuldeten Landes gab sich siegessicher. "Denen, die heute unseren Rücktritt fordern, antworten wir, dass wir nicht nachgeben können: Nicht, weil wir unsere Macht bewahren wollen, sondern weil diese Regierung keine glaubwürdige Alternative hat." Zudem könne Italien in Zeiten der Wirtschaftskrise keine Neuwahlen gebrauchen. Seine Regierung sei sich zutiefst der Gefahren für das Land bewusst, das wegen seiner Schuldenlast unter verstärktem Druck der Finanzmärkte steht. Regulär wird in Italien 2013 ein neues Parlament gewählt.
Dass Berlusconis Koalition im Abgeordnetenhaus bei dem Votum über den Rechenschaftsbericht 2010 am Dienstag eine herbe Niederlage gegen die Opposition erlitten hatte, tat der Ministerpräsident als einen parlamentarischen "Zwischenfall ohne Folgen" ab. Dieser solle jetzt mit einem neuen Gesetzesentwurf bereinigt werden, sagte er.
"Politisch peinlich"
"Berlusconi hat eine politisch peinliche Rede gehalten", kritisierte der Chef der größten Oppositionspartei PD (Demokratische Partei), Pierluigi Bersani. In keiner Weise habe der Premier auf die Fragen nicht zuletzt von Staatspräsident Giorgio Napolitano reagiert. Dieser hatte den "Cavaliere" beschworen, die Handlungsfähigkeit seiner Regierung in Zeiten der Schulden- und Wachstumskrise zu beweisen. Berlusconi beschränkte sich aber darauf, Programmpunkte aus ähnlichen Erklärungen vor rund einem Jahr zu wiederholen, etwa das Versprechen einer Justiz- und Steuerreform.
Die Opposition hatte nach ihrem Abstimmungserfolg Berlusconis Rücktritt gefordert, weil er offensichtlich keine Regierungsmehrheit mehr habe. In der Tat kämpft der 75-Jährige nach den jüngsten Sex- und Justizskandalen zunehmend auch mit Widerstand aus dem eigenen Lager. Eine Gruppe von 30 Parlamentariern unter Ex-Industrieminister Claudio Scajola hatte in den vergangenen Tagen offene Kritik geübt.
dpa/pkn/km - Bild: Ettore Ferrari (epa)