Der Sturz mehrerer Diktatoren im Nahen Osten und in Nordafrika hat die Pressefreiheit in der Region bisher kaum verbessert. Dies geht aus einem am Mittwoch in Wien veröffentlichten Bericht der internationalen Vereinigung der Zeitungen und Medienverlage (WAN-IFRA) hervor.
In Tunesien, Libyen und Ägypten habe es bei der Einführung einer Gesetzgebung, die die Pressefreiheit schützt, nur wenig Fortschritte gegeben, kritisiert der Bericht. Das Leitungsgremium des Weltzeitungsverbandes einigte sich am Mittwoch in Wien auf eine Resolution, in der die ägyptische Militärregierung aufgefordert wird, die Meinungsfreiheit und kritische Stimmen stärker zu schützen.
"WAN-IFRA fordert im Vorfeld der Wahlen den Gesetzgeber auf, mit allen Beteiligten zusammenzuarbeiten, um rechtsstaatliche Garantien zu schaffen, welche die Presse schützen und ihre zentrale Rolle bei einem demokratischen Wandel anerkennen", heißt es in dem Beschluss. Zudem forderte der Verband gemeinsame internationale Anstrengungen zum Aufbau einer freien Presse in Ägypten und der Region.
Nach dem Bericht ist die Lage in anderen arabischen Staaten noch schlechter: Angesichts von Demonstrationen hätten Regierungen zwar Zugeständnisse an die Reformbewegung gemacht. Doch auch diese Veränderungsversprechen hätten bei der Medienfreiheit kaum zu Verbesserungen geführt.
Nur Westeuropa Vorbild
Weltweit sind 2011 nach Angaben des Verbandes bisher 44 Journalisten bei ihrer Arbeit getötet worden. Hunderte weitere seien ständigen Einschüchterungen oder körperlichen Attacken ausgesetzt, die Täter kämen meist straflos davon. "Für diejenigen, die Regierungen Infrage stellen, über Konflikte berichten und Nachforschungen zu Korruption und Kriminalität berichten, sind Angriffe täglich - und oft tödlich", schreibt WAN-IFRA.
Gerade mal Westeuropa findet im Bericht des Verbandes kaum Erwähnung, in allen anderen Regionen sieht es düster aus: In Asien steige auch in etablierten Demokratien die Zensur und die Gewalt gegen Journalisten. In Afrika halte sich eine Kultur ständiger Angriffe und Einschüchterung, Gesetze zum Terror- oder Staatsschutz würden missbraucht, um kritische Stimmen auszuschalten.
Eines der gefährlichsten Länder für die Berichterstattung ist nach Einschätzung des Verbandes weiterhin Pakistan: In den vergangenen zehn Jahren seien dort 36 Reporter ermordet worden, kein Fall landete vor Gericht. 2011 wurden in dem islamischen Land acht Journalisten getötet.
In Südamerika geraten Reporter immer mehr zwischen die Fronten des Kampfes von Regierungen gegen die dort mächtige organisierte Kriminalität. Weil die Staaten Journalisten kaum beschützten, seien sie dort mehr Angriffen als je zuvor ausgesetzt, kritisiert der Verband. Besonders schlimm ist es in Mexiko: Dort fordert eine am Mittwoch beschlossene WAN-IFRA-Resolution von der Regierung einen deutlich stärkeren Schutz von Reportern und warnt vor dem Verschwinden freier Medien. Reporter hätten dort oftmals nur noch die Wahl zwischen Selbstzensur oder Exil.
Rund 1100 Medienverantwortliche treffen sich noch bis Samstag in Wien zum WAN-IFRA-Weltzeitungskongress und Forum. In Workshops und Diskussionsrunden geht es unter anderem um die Zukunft der Zeitung, neue Medien, Trends der Branche und Medienethik.
dpa/fs/km - Archivbild: Yahya Arhab (epa)