Krise in Rom? Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi will nach einer Abstimmungsniederlage im Parlament erneut die Vertrauensfrage stellen. Sein Sprecher, Paolo Bonaiuti, kündigte das Vertrauensvotum in der Nacht zum Mittwoch an.
Der umstrittene Regierungschef hatte zuvor eine Krisensitzung einberufen, nachdem seine Koalition im Abgeordnetenhaus bei der Abstimmung über den Rechenschaftsbericht 2010 eine Niederlage gegen die linke Opposition erlitten hatte. Der Rechenschaftsbericht gilt als "Fotografie" der geleisteten Regierungsarbeit, eine Abstimmung über ihn als reine Routine.
Nach einem Scheitern hätten Vorgänger Berlusconis - wie etwa der vielfache Ministerpräsident Giulio Andreotti (1973) - unverzüglich ihren Hut genommen, unterstrich die Opposition. Noch schlimmer für Berlusconi: Der Widerstand kommt ganz offensichtlich verstärkt auch aus den Reihen der Regierung.
Die offene Kritik an seinem Führungsstil aus einer Gruppe von 30 Parlamentariern der Regierungskoalition, angeführt von Scajola, hatte schon im Vorfeld für Unruhe gesorgt. Berlusconi müsse zurücktreten, da er ganz offensichtlich über keine Regierungsmehrheit mehr verfüge, forderte die Mitte-Links-Opposition. Staatspräsident Giorgio Napolitano warnte besorgt, die Regierung müsse beweisen, dass sie noch handlungsfähig ist.
Votum am Donnerstag
Am Mittwoch erschienen Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, der ehemalige Industrieminister Claudio Scajola sowie Lega-Chef Umberto Bossi zu spät, um an der Anstimmung teilzunehmen. Innenminister Roberto Maroni war ganz abwesend. Mit nur einer Stimme mehr hätte Berlusconi das Votum gewonnen.
Das Votum soll nun nach Medienangaben spätestens am Donnerstag stattfinden. Eine offizielle Mitteilung aus dem Regierungspalazzo Chigi blieb bisher noch aus. Die Vertrauensabstimmung wäre die 51. seit Berlusconis Amtsantritt 2008.
Die Kreditwürdigkeit Italiens war in den vergangenen Wochen von den drei größten Ratingagenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch herabgestuft worden. Die Analysten begründeten ihr trotz vorgesehener Milliarden-Kürzungen negatives Urteil unter anderem mit einer mangelnden Handlungsfähigkeit der Regierung Berlusconi. Italien hat nach Griechenland den höchsten Schuldenstand der Eurozone gemessen an der Wirtschaftsleistung.
dpa/km - Bild: Ettore Ferrari (epa)