Der Nobelpreis für Literatur geht in diesem Jahr an den schwedischen Lyriker Tomas Tranströmer. Das teilte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm mit. Der 80-jährige Tranströmer ist bereits der achte schwedische Gewinner in der mehr als 100-jährigen Geschichte des wichtigsten Literaturpreises der Welt.
In deutscher Sprache sind seine Gedichte sowie seine Autobiografie («Die Erinnerungen sehen mich») beim Hanser Verlag (München) erschienen. Der schwer kranke Schwede gehörte seit Jahren zu den engen Anwärtern.
Bei der Bekanntgabe des Namens brach Applaus aus. Akademie-Sprecher Peter Englund sagte: "Tranströmer ist einer der größten Poeten unserer Zeit." Der Lyriker habe den Preis bekommen, weil er "in komprimierten, erhellenden Bildern neue Wege zum Wirklichen weist."
Im vergangenen Jahr bekam der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa den Literaturnobelpreis. Die Auszeichnung ist mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro (10 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert. Kurz vor der Verkündung hatte bei Buchmachern überraschend der amerikanische Rockpoet Bob Dylan vorne gelegen. Dylan wird seit Jahren immer wieder als Außenseiter genannt. Doch noch nie ist ein Literaturnobelpreis für das Verfassen von Songtexten zuerkannt worden.
Seit 1901 ist die Auszeichnung fast jährlich vergeben worden. Tranströmer ist der 108. Preisträger. Mehrmals bekamen den Preis zwei Autoren in einem Jahr. Der Literaturnobelpreis wird am 10. Dezember in Stockholm zusammen mit den wissenschaftlichen Nobelpreisen überreicht - dem Todestag des schwedischen Stifters Alfred Nobel (1833-1896). Nobel war als Industrieller reich geworden und hat unter anderem den Sprengstoff Dynamit erfunden. An diesem Freitag wird der Name des Friedensnobelpreisträgers verkündet, diese Auszeichnung wird traditionsgemäß in Oslo überreicht.
Nobelpreisträger Tranströmer international anerkannt
Der diesjährige Literaturnobelpreisträger Tomas Tranströmer (80) gilt seit langem international als einer der bedeutendsten Lyriker. Der Sohn einer schwedischen Journalistenfamilie studierte in den 50er Jahren Psychologie, Literatur- und Religionsgeschichte in seiner Geburtsstadt Stockholm.
Seinem erlernten Beruf als Psychologe blieb Tranströmer bis zu einem schweren Schlaganfall 1990 treu. Auch nach dem schriftstellerischen Debüt 1954 arbeitete er weiter als Anstaltspsychologe mit jugendlichen Straftätern. Später war er halbtags als Berufsberater in verschiedenen Arbeitsämtern tätig.
Tranströmers Gedichtbände sind in rund 50 Sprachen übersetzt. Sein Gesamtwerk besteht aus weniger als 100 Texten. Im Gefolge der 68er-Bewegung wandten sich viele Leser von Tranströmer ab. Seine zuversichtliche, wenig konfrontative Poesie leiste keinen Beitrag zu den Tagesdiskussionen, lautete der Vorwurf der Kritiker. Tranströmer betonte in diesem Zusammenhang, dass sein Schaffen nicht auf Ideologien, sondern auf Visionen zurückzuführen sei.
Tranströmer lebt seit seinem Schlaganfall mit seiner Frau Monica Bladh zurückgezogen in Stockholm. Obwohl der Lyriker an einem weitgehenden Verlust des Sprechvermögens (Aphasie) leidet, brachte er in enger Zusammenarbeit mit seiner Frau 1993 seine Memoiren "Die Erinnerungen sehen mich" (Hanser Verlage/1999) und in den folgenden Jahren mehrere neue Gedichtbände heraus.
dpa/sh/km - Bild: Jessica Gow (epa)