Die Politik gewinnt etwas Zeit: Das vor der Pleite stehende Griechenland hat nach Angaben seiner Regierung nun doch Geld bis Mitte November, um Löhne und Renten zu zahlen. "Bis Mitte November - das ist klar - gibt es kein Problem", sagte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos am Dienstag in Athen. Bisher hatte es geheißen, Griechenland brauche die nächste Hilfstranche zwingend bereits im Laufe des Oktobers.
Aus Regierungskreisen in Athen erfuhr die dpa, die Regierung wolle nun eine letzte Geldreserve von 1,5 Milliarden Euro anzapfen. Diese stamme aus einem Banken-Stabilisierungs-Fonds, der im Zuge der Krise 2008 aufgelegt worden war.
In Luxemburg kamen die Finanzminister der 27 EU-Staaten zusammen, um über die Lage in Griechenland zu beraten. Neue schlechte Nachrichten, wonach Athen seine Sparziele nicht erreicht, überschatten das Treffen. Die Kassenhüter der 17 Euro-Länder hatten am Vortag die Entscheidung über die Auszahlung der nächsten acht Milliarden Euro schweren Kredittranche an Athen verschoben.
Die Europäer setzen den Euro-Schuldensünder zunehmend unter Druck. "Es geht nicht nur um Griechenland, es geht um die Stabilität in der gesamten Eurozone", sagte die österreichische Ressortchefin Maria Fekter. "Und da haben sich alle diszipliniert zu verhalten." Griechenland erhält derzeit 110 Milliarden Euro Nothilfe und muss im Gegenzug strenge Auflagen erfüllen.
24-Stunden-Stillstand im griechischen Luftverkehr geplant
Wegen eines Fluglotsenstreiks werde es an diesem Mittwoch keine kommerziellen Flüge von und nach Griechenland geben, teilten die wichtigsten Fluglinien mit. Der Streik solle am Dienstag um 23.00 Uhr beginnen und am Mittwoch 23.00 Uhr enden. Hunderte Flüge müssen demnach ausfallen.
Die Fluglinien erklärten, sie wollten möglichst viele Passagiere auf Flüge nach dem Streik umbuchen. Flüge über Griechenland ohne Zwischenlandung sollten normal stattfinden, erklärte die Gewerkschaft der Fluglotsen. Am Dienstag blockierten Beamte und andere Staatsbedienstete die Eingänge von sieben Ministerien in Athen. Die Proteste sind Teil einer massiven Streikwelle, mit der sich vor allem Staatsbedienstete gegen geplante Entlassungen wenden.
Empört sind auch die Angestellten des privaten Bereichs: Die Experten der sogenannten "Troika" aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) sollen nach Informationen aus dem Arbeitsministerium jetzt fordern, dass der griechische Mindestlohn von netto 548 Euro abgeschafft wird. Von der Einschätzung der "Troika" machen die Euroländer die Freigabe der nächsten Hilfsrate abhängig.
Umsetzung des künftigen, zweiten Hilfspakets für Griechenland rückt näher
Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich die Minister der Euro-Staaten in Luxemburg auf eine Lösung im Streit um Sicherheiten, die vor allem Finnland im Gegenzug für neue Hilfskredite verlangt hatte. Künftig können die geldgebenden Euro-Staaten griechische Staatsanleihen als Sicherheitspfand verlangen. Da diese aber mit hohen Auflagen verbunden sind, zeigte außer Finnland kein Staat Interesse daran.
Nach Angaben von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker fehlt nur noch die Zustimmung von zwei Staaten zu der geplanten Ausweitung des Rettungsfonds EFSF - die der Niederlande und die des Wackelkandidaten Slowakei. Der Fonds, der 440 Milliarden Euro Notkredite an Krisenländer verleihen kann, soll neue Aufgaben bekommen und schlagkräftiger werden. Die Minister wollen zudem eine Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes beschließen, die ab Januar 2012 gelten soll.
dpa/okr/sh/sr - Archivbild: Maciej Kulczunski (epa)