Israel hat die neue Nahost-Friedensinitiative der internationalen Gemeinschaft akzeptiert. "Israel begrüßt den Aufruf des Nahost-Quartetts zu direkten Verhandlungen ohne Vorbedingungen", teilte das Büro des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Sonntag mit. Man rufe die Palästinenserbehörde auf, den Plan ebenfalls anzunehmen und ohne Aufschub direkte Gespräche mit Israel zu beginnen.
Die Vorbedingungen der Palästinenser für neue Verhandlungen, einen vollständigen Siedlungsstopp sowie die Festlegung der Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 als Basis für Gespräche, lehnt Israel allerdings weiter strikt ab. Israel habe hinsichtlich des Plans zwar einige Bedenken, werde diese aber zu einem angemessenen Zeitpunkt ansprechen, hieß es in der Mitteilung weiter.
Das Nahost-Quartett aus USA, Russland, Vereinten Nationen und Europäischer Union hatte am 23. September einen Fahrplan für neue Gespräche in Nahost vorgelegt. Es reagierte damit auf den umstrittenen Antrag des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas, einen unabhängigen Palästinenserstaat als Vollmitglied der Vereinten Nationen aufzunehmen.
Die Initiative sieht vor, dass Israel und die Palästinenser binnen eines Monats und ohne Vorbedingungen direkte Gespräche aufnehmen. Nach drei Monaten sollen beide Seiten Vorschläge für den Verlauf der Grenzen und Sicherheitsgarantien vorlegen. Bis Ende kommenden Jahres soll eine endgültige Übereinkunft erzielt worden sein.
Clinton fordert Gespräche zwischen Palästinensern und Israelis
US-Außenministerin Hillary Clinton hat erneut an Israelis und Palästinenser appelliert, die Nahost- Friedensgespräche wiederaufzunehmen. "Wir möchten beide Seiten wieder am Verhandlungstisch sehen", sagte sie nach Angaben ihres Ministeriums vom Samstag in einem Interview des ägyptischen Senders Al-Hayat-TV. Zugleich ermahnte sie Israelis und Palästinenser, jede Provokation zu unterlassen.
"Was auch immer bei den UN passiert oder auch nicht passiert, solange wir Palästinenser und Israelis nicht dazu bringen, über den Grenzverlauf eines (Palästinenser-)Staates zu verhandeln, über die Sicherheitsvorkehrungen, was mit Jerusalem geschieht, mit den Flüchtlingen, dem Wasser - all diese Sachen, von denen wir nur zu gut wissen, dass sie geregelt werden müssen -, steigern wir nur Erwartungen, ohne sie erfüllen zu können", sagte Clinton mit Blick auf den Antrag der Palästinenser auf Anerkennung eines eigenen Staates bei den UN.
"Auch wenn die Vereinten Nationen eine Resolution verabschieden, die besagt, dass wir möchten, dass die Palästinenser einen eigenen Staat bekommen und wir vielleicht ihren Status (bei den UN) anheben oder sie vielleicht anerkennen, wird sich am nächsten Tag in Ramallah nichts ändern", erklärte Clinton. Aber sie wolle, dass sich etwas ändere. Schon 1990 habe sie sich für einen eigenen Palästinenserstaat ausgesprochen. Dies sei aber nur durch Verhandlungen mit den Israelis möglich.
Bau von 1100 neuen Wohnungen in Gilo angekündigt
Vergangene Woche hatte Israel den Bau 1100 neuer Wohnungen in Gilo am Südrand Jerusalems angekündigt und dafür scharfe internationale Kritik geerntet. Das Viertel liegt auf dem Gebiet, das Israel während des Sechstagekriegs von 1967 erobert hatte. Die internationale Gemeinschaft und die Palästinenser sehen Gilo als illegale Siedlung an, Israel hingegen als rechtmäßigen Teil seiner Hauptstadt Jerusalem. Der stellvertretende israelische Ministerpräsident Silwan Schalom betonte auch am Sonntag, der Bau in Jerusalem stehe "auf keinen Fall zur Verhandlung".
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Netanjahu am Freitag angerufen und erklärt, ihr fehle jegliche Verständnis für den Bauplan in Gilo. Die israelische Zeitung "Haaretz" titelte daraufhin am Sonntag mit einem Bericht über eine "schwere diplomatische Krise" zwischen Deutschland und Israel. Merkel habe Netanjahu vorgeworfen, die neuen Baupläne seien eine "Provokation".
Das Blatt zitierte einen namentlich nicht genannten israelischen Beamten, der von einer "schweren Vertrauenskrise" sprach. Dies stelle nun eine Reihe gemeinsamer Projekte auch im Sicherheitsbereich in Frage. Ranghohe deutsche Vertreter hätten ihren israelischen Kollegen gesagt, Merkel sei "wutentbrannt" und glaube Netanjahu "kein Wort mehr".
Netanjahus Büro teilte hingegen am Sonntag mit, die Beziehungen mit der deutschen Regierung seien weiterhin "gut und eng". "Wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, werden sie auf freundliche Art und Weise gelöst", hieß es in der Mitteilung.
Die Palästinenser kritisierten den Sonderbeauftragten des Nahost-Quartetts, den früheren britischen Premierminister Tony Blair, unterdessen scharf. "Seit geraumer Zeit redet er (Blair) wie ein israelischer Diplomat und vertritt ihre (die israelische) Politik", sagte Nabil Schaath, Berater von Präsident Abbas, am Samstag in Ramallah. "Deshalb ist er für uns nutzlos", fügte Schaath hinzu. Zu der neuen Nahost-Initiative sagte er, sie habe zwar nur "sehr wenige Mängel". Doch lasse sie zu viel Spielraum für Interpretationen.
dpa//br/mh - Archivbnild: Ronen Zvulu (epa)