FDP-Chef Philipp Rösler sieht seine Partei nach dem Berlin-Desaster in der schwersten Krise ihrer Geschichte. Die FDP war in Berlin mit nur 1,8 Prozent aus dem Abgeordnetenhaus geflogen und ist nur noch in 11 von 16 Landtagen vertreten.
«Es ist unbestritten vielleicht die schwierigste Situation für die FDP seit ihrem Bestehen», sagte der Wirtschaftsminister am Montag in Berlin. Rösler sprach vom «schwersten Wahlabend», seit er Mitglied sei.
Präsidium und Vorstand stellten sich einstimmig hinter Röslers umstrittene Aussagen über eine mögliche Insolvenz Griechenlands. Rösler verteidigte seinen Europa-Kurs und betonte, die Liberalen stünden zu ihrer Regierungsverantwortung im Bund. «Der Geist ist klar formuliert: pro-europäisch mit der notwendigen wirtschaftspolitischen Vernunft.»
Sorgen vor einem Koalitionsbruch oder dem Abdriften der FDP in Richtung Rechtspopulismus wies er zurück. «Jeder, der eine andere Partei haben will, wird auf den erbitterten Widerstand des Parteivorsitzenden treffen.» Die FDP liefere keine «platten Antworten».
Rösler kritisierte den Wahlkampf der Berliner FDP, die im Schlussspurt auf Euro-kritische Töne gesetzt hatte. Man dürfe das Thema eben nicht überdrehen, mahnte der Parteichef. Der Berliner Spitzenkandidat Christoph Meyer räumte ein, dass in den letzten 24 Stunden des Wahlkampfes das Thema zu sehr zugespitzt worden sei.
"Neue Bürgerliche"
Rösler betonte, man wolle nun «neue Bürgerliche» gewinnen. Für eine liberale Partei gebe es erhebliches Potenzial. Er nannte Selbstständige, junge Firmengründer, Familien und Ingenieure. Rösler räumte Fehler der Partei ein. «Wir müssen erkennen, dass wir die Menschen mit unseren Botschaften nicht erreichen.»
Die Parteispitze griff die «Euro-Rebellen» in der FDP an, die den dauerhaften Rettungsschirm ESM mit einem Mitgliederentscheid stoppen wollen. Rösler sagte, er habe bislang noch keine einzige Unterschrift unter dem Antrag gesehen. «Aus unserer Sicht stehen dort nur Dinge drin, die sagen, was man nicht will.»
Als Parteivorsitzender sei ihm das zu wenig. «Eine Partei in Regierungsverantwortung, mit einem Regierungsanspruch kann nicht nur sagen, was sie nicht will, sondern sie soll schon sagen, wohin die Reise gehen soll», sagte Rösler. Der Wortführer der Kritiker, der Abgeordnete Frank Schäffler, warnte wiederum die Parteispitze vor einem Einknicken gegenüber der Union.
Der Vorsitzende der FDP im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff, distanzierte sich von Europa-Vorbehalten in seiner Partei. «Die FDP bleibt eine pro-europäische Partei!»
dpa - Bild: Maurizio Gambarini (epa)