Im EU-Mitgliedsstaat Lettland hat die pro-russische Partei Harmonie-Zentrum bei vorgezogenen Parlamentswahlen deutlich gewonnen. Dennoch erhob auch der Verlierer der Abstimmung, der amtierende Regierungschef Valdis Dombrovskis, den Anspruch auf die Regierungsbildung. Dombrovskis wollte noch am Sonntag erste Koalitionsgespräche führen.
Nils Usakovs, einer der Führer des Harmonie-Zentrums, beanspruchte dagegen schon in der Nacht zu Sonntag die Regierungsbildung für seine Partei, die auf knapp 29 Prozent der Stimmen kam. Er wollte erst am Montag in Riga Gespräche über eine mögliche Koalition aufnehmen.
Der Vorsprung der pro-russischen Partei vor dem bisher regierenden Einheitsblock von Dombrovskis ist deutlich - Dombrovskis Partei erhält demnach nur noch gut 18 Prozent, rund 13 Prozentpunkte weniger als bei der Parlamentswahl im vergangenen Oktober. Die neu gegründete Reformpartei des ehemaligen Präsidenten Valdis Zatlers erreichte auf Anhieb über 20 Prozent der Stimmen.
Dombrovskis will Koalitionsgespräche mit Zatlers Reformpartei aufnehmen, die nun auch vom "Harmonie-Zentrum" umworben wird. Zatler selbst äußerte sich bisher nicht, mit wem er zusammen arbeiten will. In seiner Amstzeit als Präsident hatte er dem bisherigen Parlament vorgeworfen, nicht energisch genug gegen Korruption und Oligarchentum vorzugehen und hatte eine Volksabstimmung über die Auflösung des Parlaments und vorgezogene Wahlen initiiert.
Staatspräsident Andris Berzins forderte die Parteien des neuen Parlaments auf, ihre Kräfte zum Wohl des Landes zu bündeln. "Ich hoffe sehr, dass Lettland nun alle "Kinderkrankheiten" überwunden und einen ernsthaften Lernprozess durchlaufen hat", sagte Berzins in einer Stellungnahme zu den Wahlen. "Die kommende Saeima hat nur eine Legislaturperiode von drei Jahren Zeit, um zu beweisen, dass sie besser ist als das vom Volk aufgelöste Parlament. Sie muss härter arbeiten."
Die ehemalige Sowjetrepublik Lettland ist seit 2004 Mitglied der Europäischen Union. Von den knapp 2,3 Millionen Einwohnern stellen die ethnischen Russen etwas mehr als ein Drittel der Bevölkerung.
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