Nach der Schuldenkrise folgt die Wirtschaftskrise: Wegen gewaltiger Haushaltsdefizite und Turbulenzen an den Finanzmärkten droht der Euro-Zone nach Ansicht der EU-Kommission der konjunkturelle Stillstand. Die Wirtschaft in den 17 Ländern mit der Gemeinschaftswährung werde im zweiten Halbjahr nur noch minimal wachsen.
"Der Aufschwung kommt zum Jahresende zum Erliegen", sagte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn am Donnerstag bei Vorlage der Konjunkturprognose in Brüssel. An einen Rückfall in die Rezession glaubt die EU-Kommission aber nicht.
Die Brüsseler Behörde senkte ihre Prognose für die zweite Jahreshälfte um insgesamt einen halben Prozentpunkt nach unten. Demnach wird die Wirtschaft im Euro-Raum im dritten Vierteljahr nur noch um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal zulegen, im vierten Quartal um 0,1 Prozent. Als Gründe nannte Rehn die schwindende Exportnachfrage, die Staatsschuldenkrise und verwies darauf, dass die Erholung von Finanzkrisen häufig holprig verlaufe.
Die Schwäche ist auch auf das nachlassende Wachstum in Deutschland zurückzuführen, der Konjunkturlokomotive Europas. Auch die größte Volkswirtschaft im Euro-Raum wird laut Prognose schwächeln und im vierten Quartal nur noch um 0,2 Prozent zulegen. Für Italien erwarten die Experten das Abrutschen in die Stagnation, für Spanien ein Mini-Wachstum von 0,1 und Frankreich von 0,2 Prozent. "Die Aussichten für die europäische Wirtschaft haben sich verschlechtert", sagte Rehn.
Warnung an Griechenland
Um die Wirtschaft zurück auf den Wachstumspfad zu führen, müssten die Staaten ihre Defizite abbauen und den Sparkurs verstärken, um das Vertrauen der Finanzmärkte wiederzugewinnen. "Mitgliedsstaaten müssen erforderlichenfalls weitere Maßnahmen ergreifen."
Der Kommissar ermahnte insbesondere Griechenland, das von einem 110 Milliarden Euro schweren internationalen Hilfspaket profitiert, sich an die vereinbarten Auflagen zu halten: "Griechenland muss seine Haushaltsziele erreichen." Die Prognose enthält keine Zahlen für Schuldensünder wie Griechenland, Irland oder Portugal. Diese werden erst im November veröffentlicht.
Für das Gesamtjahr sind die Währungshüter optimistisch und ließen ihre Prognose für den Euro-Raum mit 1,6 Prozent unverändert. Doch diese Zahl täuscht, weil sie vor allem auf den guten Start zu Jahresbeginn zurückzuführen ist. Für die 27 EU-Länder werde das Wachstum in diesem Jahr bei 1,7 Prozent liegen - etwas niedriger als bisher mit 1,8 Prozent erwartet.
dpa/km - Bild: Olivier Hoslet (epa)