Die jahrelangen Verhandlungen zwischen dem Vatikan und der abtrünnigen Pius-Priesterbruderschaft sind an einem entscheidenden Punkt angekommen.
Der Heilige Stuhl legte dem Generaloberen der erzkonservativen Bruderschaft, Bernard Fellay, am Mittwoch in Rom einen Forderungskatalog für eine Wiederaufnahme der Pius-Brüder in den Schoß der katholischen Kirche vor.
Wie der Vatikan mitteilte, geht es ihm darum, «die Treue zum Lehramt der Kirche zu garantieren.» Bei einer späteren «Versöhnung» könnten die Pius-Brüder dann einen rechtlichen Status in der Kirche erhalten.
Der Heilige Stuhl will vor allem erreichen, dass die Pius-Bruderschaft wie von Papst Benedikt XVI. mehrfach angemahnt die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) respektiert. Gemeint sind offensichtlich die Anerkennung der neueren Messformen sowie der Religionsfreiheit und der Ökumene.
Zunächst müssten die Pius-Brüder also die am Mittwoch übergebene «Doktrinale Präambel» akzeptieren. Eine Antwort der Bruderschaft wird nach Vatikan-Angaben in einigen Monaten erwartet. Das Treffen am Mittwoch leitete für den Vatikan der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada.
Schwere Krise
Die Holocaust-Leugnung des Pius-Bischofs Richard Williamson hatte die katholische Kirche vor gut zweieinhalb Jahren in eine schwere Krise gestürzt. Anfang 2009 gab der Vatikan überraschend die Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Bruderschaft bekannt - darunter Williamson. Im November 2008 hatte der Geistliche allerdings in einem Interview mit einem schwedischen TV-Sender den Massenmord an sechs Millionen Juden durch die Nazis und die Existenz von Gaskammern abgestritten.
Papst Benedikt XVI. geht es seitdem vor allem darum, die Einheit seiner Kirche zu erhalten. Deshalb berieten Experten beider Seiten in den vergangenen zwei Jahren in acht Gesprächen über eine Annäherung. In Rom heißt es, für Mitglieder der von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründeten Bruderschaft, die in die Kirche zurückkehren wollten, könnte bei einer Einigung eine Personalprälatur nach dem Vorbild von «Opus Dei» oder auch ein Personalordinariat wie für die übertrittswilligen Anglikaner eingerichtet werden.
dpa - Bild: Olivier Maire (epa)