Die Nato muss schon in Kürze nach dem Abschluss ihres Militäreinsatzes in Libyen mehr für ihre militärischen Fähigkeiten tun. Dies sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Montag in Brüssel.
Beim nächsten Nato-Gipfel im Mai 2012 in Chicago müssten die Verbündeten, vor allem die Europäer, konkrete Beschlüsse zu engerer militärischer Zusammenarbeit fassen. In Chicago soll auch die erste Stufe der Raketenabwehr für Europa als einsatzbereit erklärt werden.
Rasmussen sagte, die Ergreifung des bisherigen Machthabers Muammar al-Gaddafi sei kein entscheidendes Kriterium für das Ende des Nato-Einsatzes: «Einzelpersonen sind kein Ziel unseres Einsatzes.» Die Nato werde «so lange, wie wir gebraucht werden, aber keine Minute länger» in Libyen bleiben. «Wir sind dem Erfolg schon sehr nahe, aber noch nicht ganz da.»
Alle nötigen Maßnahmen
Das Bündnis hatte Ende März unter Berufung auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, wonach «alle nötigen Maßnahmen» zum Schutz der Zivilbevölkerung vor Gaddafi erlaubt seien, eine Seeblockade errichtet und militärische Einrichtungen Gaddafis bombardiert. «Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass die Zivilbevölkerung nicht mehr bedroht ist, werden wir den Einsatz beenden», sagte Rasmussen. «Ich kann noch kein genaues Datum sagen, aber ich glaube, dass es bald sein wird.»
«Wir können bereit die ersten Lehren ziehen», sagte Rasmussen über den Einsatz. «Die meisten sind positiv. Und alle werden eine wichtige Rolle beim nächsten Nato-Gipfel im Mai spielen.» Die Nato habe Flexibilität bewiesen, sie habe innerhalb von nur sechs Tagen mit dem Libyeneinsatz begonnen. Und sie habe «Stärke gezeigt», weil Europäer und Kanadier die Hauptlast getragen hätten. Die Europäer müssten aber größere Anstrengungen unternehmen, um jene militärischen Fähigkeiten zu bekommen, die bisher nur die USA in ausreichendem Umfang besäßen.
Rasmussen sagte, die Staats- und Regierungschefs hätten bereits im November 2010 in Lissabon beschlossen, eine Reihe militärischer Fähigkeiten zu entwickeln. «Wenn wir nicht mehr ausgeben können, dann müssen wir das Geld besser ausgeben.» Es müssten Prioritäten gesetzt werden, Länder müssten sich auf bestimmte Bereiche spezialisieren und mit anderen zusammenarbeiten: «Ich werde beim Gipfel die Regierungschefs bitten, multinationalen Projekten eine spürbare Unterstützung zu geben.»
Raketenabwehr
Beim Nato-Gipfel im kommenden Jahr solle die erste Stufe der Einsetzbarkeit der Raketenabwehr für Europa erklärt werden. Diese Abwehr ist vor allem gegen mögliche Raketen des Irans gerichtet. «Ich hoffe, wir können mit Russland bei der Raketenabwehr kooperieren, um neuen Bedrohungen entgegenzutreten und das Misstrauen der Vergangenheit auszuräumen.»
Der Nato-Generalsekretär wies erneut Kritik zurück, das Bündnis sei in Libyen über das Mandat des UN-Sicherheitsrates hinausgegangen. Er sei auch sicher, dass der Nationale Übergangsrat der Rebellen in der Lage sein werde, selbst und ohne ausländische Soldaten in Libyen für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen.
dpa - Bild: Olivier Hoslet (epa)