Zum Auftakt der Hauptverhandlung vor dem vom Parlament eingesetzten Sondergericht sagte der Verteidiger des 60-jährigen Konservativen am Montag, die Anklage enthalte keine Hinweise, was Haarde als Ministerpräsident hätte tun können, um drohende Gefahren für Island durch die Finanzkrise abzuwenden. Sie sei außerdem «schlecht begründet».
Die Inselrepublik im Nordatlantik mit 320.000 Einwohnern wurde durch den Zusammenbruch der drei größten Banken in eine schwere Wirtschafts- und Währungskrise gestürzt.
Das Parlament «Althing» hat im Gefolge zum ersten Mal in Islands Geschichte ein Sondergericht gegen einen Regierungschef oder Ex-Regierungschef wegen grober Verletzungen von Amtspflichten eingesetzt.
Nach Überzeugung der Staatsanwältin Sigrídur Fridjónsdóttir hatte Haarde 2008 alle Warnungen und Alarmzeichen wegen bevorstehender Überschuldung der Banken aus dem Wind geschlagen. Sie sagte vor dem im Reykjaviker Kulturhaus tagenden Sondergericht: «Haarde hat sich als Ministerpräsident nicht der Ratschläge bedient, die ihm zur Verfügung standen.»
Haarde, der kurz nach Ausbruch der Finanzkrise zurücktrat, hatte vor der Eröffnung der Hauptverhandlung mehrfach erklärt, dass er sich politisch verfolgt fühle. Ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu zwei Jahren Haft. Islands Oberstes Gericht muss über den Antrag von Haardes Verteidiger Andri Árnason auf Verfahrenseinstellung entscheiden und will das in etwa drei Wochen tun.
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