Gaddafis Heimatstadt Sirte steht vor dem Fall: Nach neuen Nato-Luftangriffen auf Militäreinrichtungen stellte der Übergangsrat in Libyen den Truppen von Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi ein Ultimatum bis Samstag.
Um ein Blutvergießen zu vermeiden, sollen sie die Stadt friedlich übergeben. Auch in den wenigen anderen verbliebenen Hochburgen sollen sich die letzten Gaddafi-Getreuen ergeben. "Länger können wir nicht warten", sagte der Chef des Rates, Mustafa Abdul Dschalil, in Bengasi.
Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den Aufständischen in Libyen und dem Nachbarland Algerien haben sich weiter verschlechtert. Der Übergangsrat forderte, dass Algerien die Ehefrau Gaddafis sowie drei Kinder des Ex-Diktators ausliefert. Gaddafis Frau Safija, die Söhne Hannibal und Mohammed sowie die hochschwangere Tochter Aischa waren nach Angaben des algerischen Außenministeriums am Montag in Algerien eingetroffen.
Über den Aufenthaltsort Gaddafis gibt es weiterhin keine gesicherten Erkenntnisse. Gaddafis Sohn Chamis, der eine Eliteeinheit seines Vaters gegen die Rebellen kommandierte, ist nach übereinstimmenden Berichten aus Libyen während des Rückzugs auf der Straße nach Bani Walid erschossen worden.
Sirte und Sebha unter Nato-Beschuss
Am Dienstag hielten Kämpfer der ehemaligen Regierungstruppen noch Sirte sowie die Wüstenstadt Sebha im Zentrum des Landes. Seit Tagen versuchen die Rebellen, unter Vermittlung von Stammesältesten beide Gaddafi-Hochburgen zur Aufgabe zu bewegen. Ziel ist es, ein Blutvergießen sowie die Zerstörung der Städte zu vermeiden. "Wir können die Situation militärisch lösen, aber das wollen wir nicht", sagte Dschalil am Dienstag.
Nato-Kampfflugzeuge nahmen die letzten Hochburgen Gaddafis unter neuen Beschuss. Zahlreiche Militäreinrichtungen in Gaddafis Geburtsort Sirte und in Bani Walid seien Ziel von Angriffen gewesen, teilte die Nato mit. Kampfflugzeuge zerstörten demnach in der Nähe von Sirte binnen 24 Stunden drei Kommandozentralen, vier Radaranlagen, 22 bewaffnete Fahrzeuge, zwei Versorgungsfahrzeuge, einen Leitstand und zwei Raketenstellungen. In Bani Walid habe man zwei Kommandozentralen und ein Munitionslager getroffen. Insgesamt seien 42 Kampfeinsätze geflogen worden. Bani Walid - etwa 100 Kilometer südöstlich von Tripolis - gilt als eines der mögliche Verstecke Gaddafis.
Unterdessen nahm auch die iranische Führung erstmals Kontakt zum Übergangsrat auf. Der von Aufständischen, Stammesältesten und Oppositionspolitikern gegründete Rat wird inzwischen von mehr als 50 Staaten als rechtmäßiger Vertreter des libyschen Volkes anerkannt. Mehrere Hilfsorganisationen teilten mit, dass sie verstärkt Versorgungsgüter und Medikamente nach Libyen bringen. Menschenrechtler forderten einen besseren Schutz von afrikanischen Migranten und Arbeitern, die in Libyen gestrandet sind. Diese würden nun ebenso wie die Söldner Gaddafis verfolgt.
dpa/km - Bild: Mohamed Messara (epa)