Die Aufständischen in Libyen rücken nach schweren Gefechten auf die Residenz von Muammar al-Gaddafi vor. Kämpfer seien bis unmittelbar an die Außentore der Anlage Bab al-Asisija gelangt, berichteten die Aufständischen am Dienstag im Internet. Von zwei Seiten aus rückten Rebelleneinheiten an, um in den kommenden Stunden eine Erstürmung der Residenz zu versuchen.
Um den Stützpunkt, der als eines der möglichen Verstecke von Muammar al-Gaddafi gilt, waren am Vormittag schwere Kämpfe entbrannt. Aufnahmen im arabischen Sender Al-Dschasira zeigten dichte Rauchwolken über der Anlage. Es waren Explosionen und Gewehrfeuer zu hören.
Die Nato lehnt es ab, die Rebellen im Kampf gegen Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi gezielt aus der Luft zu unterstützen. "Wir bieten keine Luftunterstützung", sagte der Nato-Militärsprecher, der kanadische Oberst Roland Lavoie, am Dienstag im Nato-Hauptquartier in Neapel. "Wir stehen auch nicht in direktem Kontakt mit den Rebellen, um irgendwelche Angriffe zu koordinieren."
Schutz der Zivilbevölkerung
Auf die Frage, ob das von den Rebellen angegriffene Gaddafi-Anwesen in Bab al-Asisija nicht ein Ziel der Nato sein könne, sagte Lavoie: "Wir bombardieren, wenn von einem Ziel eine Gefahr für die Zivilbevölkerung ausgeht." Das Anwesen sei in der Vergangenheit bereits Ziel von Nato-Bomben gewesen. Nato-Angriffe seien immer möglich, wenn das Gebäude wieder zu einer Gefahr für Zivilisten werden: "Bleiben Sie dran!" riet er den Journalisten in einer nach Brüssel übertragenen Pressekonferenz. Die Lage in Tripolis sei sehr kompliziert und gefährlich und ändere sich ständig. "Die Spannungen sind noch nicht vorbei."
Zur Frage, wo sich Gaddafi aufhalte, sagte der Militärsprecher: "Ich habe keine Ahnung. Und ich bin nicht sicher, dass es in dieser Lage wirklich wichtig ist." Gaddafi sei kein Teil einer möglichen Lösung des Libyen-Konflikts, obwohl er möglicherweise noch von symbolischer Bedeutung für die eigenen Soldaten sei. "Wir haben keine Personen zum Ziel und Gaddafi ist kein Ziel der Nato. Wenn er morgen das Land verlässt und eine Lösung (der Krise) ermöglicht, dann wären wir damit sehr glücklich."
Bündnis sieht sich als Unterstützer
Die ständigen Botschafter der 28 Nato-Staaten berieten am Dienstag über die Lage in Libyen. Klar sei jedoch, dass den Vereinten Nationen und der Libyen-Kontaktgruppe für die Zeit nach dem Sturz Gaddafis die Führungsrolle zukomme: "Die Rolle der Nato ist nur eine unterstützende", sagte Nato-Sprecherin Oana Lungescu. Unstrittig sei auch, dass es keine Bodentruppen der Nato in Libyen geben werde. Sie räumte ein, dass dies nationale Entscheidungen einzelner Nato-Staaten zur Entsendung von Soldaten nicht ausschließe. Es gebe aber noch keine entsprechenden Entscheidungen.
Die Nato werde nach dem Ende des Militäreinsatzes in Libyen nur noch "auf Anforderung" tätig werden. Dies könne beispielsweise Ausbildungshilfe bei der Neuorganisation der Streitkräfte sein. Derzeit sei der Einsatz der Nato - zu dem auch die Einhaltung einer Seeblockade und einer Flugverbotszone gehören - noch nicht beendet. Gaddafis Truppen hätten am Montag drei kaum lenkbare alte Scud-Raketen auf Misrata abgeschossen. Dort sei glücklicherweise niemand zu Schaden gekommen. "Das zeigt, dass wir noch wachsam bleiben müssen." Lavoie sagte: "Vermutlich kann niemand sagen, wann Gaddafis Truppen die Waffen endgültig niederlegen. Aber wir haben keinen Zweifel, dass sie es tun werden."
dpa/km - Bild: Al Arabija/epa