Die New Yorker Staatsanwaltschaft hat ihre Anklage gegen Dominique Strauss-Kahn wegen versuchter Vergewaltigung offiziell zurückgezogen. Oberstaatsanwalt Cyrus Vance bat den zuständigen Richter Michael Obus, das Verfahren gegen den Ex-Chef des Internationalen Währungsfonds zu schließen.
Die Anklage hält das angebliche Opfer für nicht mehr glaubwürdig. Das Zimmermädchen hatte sich bei seinen Aussagen in Widersprüche verstrickt.
Bis zu drei verschiedene Versionen
Das 25-seitige Dokument wurde auf der Internetseite der New Yorker Justiz veröffentlicht. Darin erläutert der Ankläger, dass er sich nicht in der Lage sehe, das Verfahren fortzusetzen. Das Zimmermädchen, das Strauss-Kahn der sexuellen Gewalt bezichtigt, habe bei wiederholten Vernehmungen zu großen und zu kleinen Fragen "durchgehend und manchmal unverständlich" die Unwahrheit gesagt.
Da aber der Fall gegen den einst mächtigsten Banker der Welt mit der Aussage der einzigen Zeugin "steht und fällt", sehe er keinen anderen Weg, als die Anklage aufzugeben, schreibt Vance. Diallo erregte mit ihrer ersten Schilderung vom angeblichen Tathergang keinen Verdacht, verteidigt sich der Staatsanwalt. Bei weiteren Nachfragen habe sie dann aber bis zu drei verschiedene Versionen von wichtigen Details geliefert. Das mache es der Staatsanwaltschaft unmöglich, die Anklage gegen Strauss-Kahn zweifelsfrei vor einer Jury zu vertreten.
Sein Antrag ging noch am Abend beim Strafgericht ein und sollte am Dienstag in Anwesenheit von Strauss-Kahn bei einer schon länger geplanten Anhörung zur Sprache kommen.
Strauss-Kahn bald zurück in Frankreich?
Das spektakuläre Justizdrama um den 62-jährigen Strauss-Kahn hatte am 14. Mai begonnen, also genau 100 Tage vor dem Bekenntnis seines Anklägers, einer Lügnerin aufgesessen zu sein. Fest steht bereits, dass der Franzose am Dienstag seine Pässe zurückerhalten würde und dann als freier Mann in seine Heimat zurückkehren könnte. Dort wartet zwar eine zweite Klage wegen angeblich sexueller Gewalt auf ihn, aber auch die Aussicht auf eine neue politische Karriere.
Vor seiner Haft hatte Strauss-Kahn als aussichtsreicher Kandidat der Sozialisten für das Amt des französischen Präsidenten gegolten. Wie schnell er die New Yorker "Sexaffäre" und den neuen Fall in seiner Heimat abschütteln kann, bleibt abzuwarten.
dpa/okr/km - Bild: Justin Lane (epa)