Gut vier Wochen nach dem Massaker von Utøya hat Norwegen noch einmal vereint innegehalten. Zum Abschluss dreitägiger Trauerveranstaltungen gedachte das Land am Sonntag bei einer offiziellen Feier der 77 Opfer der Terroranschläge vom 22. Juli.
An der Veranstaltung in der mit Kerzenlicht erleuchteten Oslo Spektrum Arena nahmen Mitglieder der nordischen Königshäuser, darunter das Kronprinzenpaar Haakon und Mette-Marit, Kronprinzessin Victoria von Schweden, Kronprinz Frederik von Dänemark und die Präsidenten von Island und Finnland teil. Auch Überlebende und Vertreter der Rettungskräfte zählten zu den rund 6700 Gästen.
König Harald V. sprach sichtlich bewegt in der im Halbdunkel liegenden Halle zu den Menschen. «Als Vater, Großvater und Ehemann kann ich Ihren Schmerz nur erahnen. Als König dieses Landes fühle ich mit jedem von Ihnen», sagte der Monarch zwischen Mozartklängen und norwegischem Rap. Die Feier in Oslo markierte den Abschluss der offiziellen Trauerperiode. Ministerpräsident Jens Stoltenberg sagte, die Zeremonie sei ein wichtiger Schritt, um das Geschehene zu verarbeiten: «Es ist die einzige Gelegenheit, wo alle Trauernden aus dem ganzen Land zusammenkommen.»
Ereignisse verarbeiten
Am Freitag und Samstag hatten Angehörige und Überlebende die Attentatsorte in der Osloer Innenstadt und auf der Ferieninsel Utøya besucht. Mindestens 1000 Menschen wurden mit Fähren und Militärbooten auf die Insel gebracht, auf der der Rechtsradikale Anders Behring Breivik am 22. Juli 69 Menschen getötet hatte. Dem Massaker in einem Sommerlager der Jugendorganisation der norwegischen Sozialdemokraten war eine Bombenexplosion im Regierungsviertel von Oslo vorausgegangen, bei der acht Menschen starben.
Mit der Rückkehr zur Insel soll den Überlebenden geholfen werden, die dramatischen Ereignisse dort zu verarbeiten, wie es hieß. Zugleich wollten die Jugendlichen «ihr» Utøya zurückgewinnen. Das jüngste Opfer des Massenmörders war erst 14 Jahre alt. «Es war hart, an einen Ort zurückzukehren, wo Freunde getötet wurden», sagte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF, Eskil Pedersen, vor Journalisten. Zugleich sei es aber auch großartig gewesen, hier und da wieder ein Lächeln zu sehen. Pedersen konnte unverletzt fliehen, als die Schießerei auf der Insel begann.
Kerzen und Blumen für die Opfer
Die Überlebenden zündeten Kerzen an und legten Blumen und Karten an den Stellen nieder, wo ihre Freunde starben. Viele seien während des Besuchs auf der Insel von ihren Gefühlen überwältigt worden, sagte Pedersen. Wirtschafts- und Handelsminister Trond Giske, der am Samstag ebenfalls auf Utøya war, sagte, er sei beeindruckt von der «Wärme und Würde» der jungen Menschen mitten im größten Leid.
Am Freitag waren bereits Angehörige der Opfer auf die Insel gekommen. Auch dieser Gang, der den Familien bei der Bewältigung des Verlustes helfen sollte, war voller Emotionen. Am Samstag konnte jeder Überlebende einen Verwandten oder Freund nach Utøya mitbringen. Das letzte der 77 Opfer war am Donnerstag beerdigt worden. Der geständige Attentäter muss weitere vier Wochen bis zum 19. September in Einzelhaft bleiben. Danach entscheidet das Gericht neu.
dpa/km - Bild: Cornelius Poppe (epa)