Nach vorliegenden Informationen seien die Soldaten von Machthaber Muammar al-Gaddafi offenbar aus dem Stadtzentrum und von den Öl- und Gasanlagen abgezogen, sagte die Al-Dschasira-Korrespondentin Jacky Rowland. Eine unabhängige Bestätigung gab es nicht. In der Rebellenhochburg sei das Ereignis gefeiert worden.
Vor einigen Tagen hatten die Regimegegner Teile von Al-Brega, 240 Kilometer südwestlich von Bengasi, eingenommen. Der Ölhafen und die Raffinerieanlagen befanden sich allerdings noch unter der Kontrolle der Truppen Gaddafis.
Tage des Machthabers Muammar al-Gaddafi in Tripolis gezählt
Der ehemalige enge Gaddafi-Vertraute, Abdulsalam Dschallud, lief nach Angaben eines oppositionellen Fernsehsenders vom Freitag unterdessen zu den Aufständischen über. Dschallud war früher libyscher Regierungschef und die Nummer zwei des Regimes. Vor ihm hatten sich bereits andere Weggefährten Gaddafis abgesetzt.
Die libyschen Rebellen sind nach ihren jüngsten Erfolgen überzeugt, dass die Tage Gaddafis in Tripolis gezählt sind. Die Medien der Aufständischen berichteten am Freitag, in der Küstenstadt Al-Brega hätten ihre Kämpfer einen General Gaddafis festgenommen. Dank der militärischen Karten, die er bei sich getragen habe, wüssten sie jetzt, wo im östlichen Frontabschnitt Minen verlegt seien.
Den Aufständischen zufolge setzen sich nach der Eroberung der Stadt Al-Sawija durch die Rebellen Zivilisten aus Tripolis nach Al-Sawija ab. Al-Sawija liegt rund 40 Kilometer westlich der Hauptstadt.
Nato bombardiert Kommandozentrale in Tripolis
Die Nato hat am Freitag nach eigenen Angaben eine Kommandozentrale in der libyschen Hauptstadt Tripolis bombardiert. "Wir wissen von Berichten, die darauf hinweisen, dass das Gebäude das Haus von Abdullah Senussi war", sagte ein Sprecher des Bündnisses in Neapel. Senussi ist Geheimdienstchef und ein Schwager von Machthaber Muammar al-Gaddafi.
Ob es bei dem Angriff auf das Gebäude Opfer gegeben habe, konnte der Sprecher nicht sagen. Er korrigierte damit eigene Angaben vom Abend, nach denen Senussi bei dem Luftangriff getötet wurde. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte kürzlich gegen Senussi, Gaddafi und dessen Sohn Saif al-Islam Haftbefehle wegen Verdachts auf schwere Kriegsverbrechen ausgestellt.
"Die Position der Nato ist klar: Wir nehmen keine Individuen ins Visier", teilte der Sprecher weiter mit. Das Bündnis werde weiterhin Kommandozentralen angreifen, von denen Gefahr für Zivilisten ausgeht.
Boot vor Hafenstadt Al-Sawija von Nato-Kampfjets getroffen
Gleichzeitig bestätigte ein Nato-Sprecher, dass am Mittwoch ein Boot unweit der Küste vor der Hafenstadt Al-Sawija von Nato-Kampfjets getroffen und versenkt wurde. Wenig später seien drei Menschen im Wasser gesehen worden, die sich zu einer Boje retteten. Von dem Boot sei eine Gefahr für Zivilisten ausgegangen, sagte der Sprecher, ohne weitere Einzelheiten zu der Aktion zu nennen. Dies deutet darauf hin, dass Gaddafi-Truppen auf dem Boot waren.
Gaddafi soll nach Informationen des US-Fernsehsenders NBC erwägen, ins Exil nach Tunesien zu gehen. Offenbar denke Gaddafi, dass ihm das nordafrikanische Nachbarland eine sichere Zuflucht bieten werde, berichtete NBC am Mittwochabend (Ortszeit) unter Berufung auf Beamte der US-Regierung. Zuvor waren Berichte gestreut worden, nach denen Gaddafi nach Südafrika oder in andere Länder fliehen wolle.
dpa/okr - Bild: vrt