Gut eine Woche nach den Anschlägen in Norwegen mit 77 Toten sind noch umfassendere Terrorpläne des Rechtsradikalen Anders Behring Breivik ans Licht gekommen. Wie Osloer Medien am Sonntag unter Berufung auf Polizeikreise berichteten, wollte der 32-Jährige auch Bomben am Osloer Schloss und am Hauptquartier der norwegischen Sozialdemokraten detonieren lassen. Er habe diese Pläne wegen "logistischer Probleme" nicht verwirklichen können, hieß es weiter.
Die Polizei bestätigte, dass Breivik "weitergehende Pläne" gehabt habe, wollte aber zu den konkreten Zielen keine Angaben machen. Breivik tötete mit einer Bombe in Oslo und bei einem Massaker auf der Insel Utøya 77 Menschen. Am Sonntag bestätigte eine Polizeisprecher im Rundfunksender NRK, dass mehrere Verkehrsstaus den Attentäter aufhielten und so wahrscheinlich das Ausmaß der Katastrophe deutlich milderten: Breivik konnte die Autobombe im Osloer Regierungsviertel am Freitag (22. Juli) erst um 15:26 Uhr detonieren lassen - da waren viele der hier arbeitenden Menschen schon auf dem Heimweg.
Das sozialdemokratische Jugendlager auf der Fjordinsel Utøya erreichte Breivik erst am späten Nachmittag, als bereits viele Teilnehmer zum Festland zurückgekehrt waren. Dazu gehörte auch Norwegens Ex-Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland. Breiviks Anwalt Geir Lippestad berichtete in "VG", die Polizei habe dem 32-Jährigen bei einem Verhör am Wochenende erstmals die Zahl seiner Opfer mitgeteilt. "Ich habe keine Reaktion feststellen können. Ich konnte weder ein Lächeln noch Anzeichen für Enttäuschung bemerken," sagte der Verteidiger.
Attentäter verlangte Rücktritt der norwegischen Regierung
Der Massenmörder hat bei den Verhören den Rücktritt von Norwegens Regierung, des Königs sowie der Armeeführung als Gegenleistung für eigene Aussagebereitschaft verlangt. Das berichtete der TV-Sender NRK unter Berufung auf Polizeikreise. Zwei Psychiater sollen Breivik auf seine Zurechnungsfähigkeit untersuchen und ihr Gutachten bis Anfang November vorlegen.
In Norwegen begann am Wochenende eine langsame Normalisierung des öffentlichen Lebens. In Oslo wurde der Norway Cup, ein riesiges Jugend-Fußballturnier, mit mehr als 20.000 Teilnehmern eröffnet. Ministerpräsident Jens Stoltenberg, der seit den furchtbaren Anschlägen so gut wie ununterbrochen unterwegs und öffentlich aufgetreten war, nahm am Samstag und Sonntag keine Termine wahr.
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