
In der Endlagerfrage für Atommüll erhöht die EU das Tempo. Alle 14 EU-Länder, die Kernkraftwerke betreiben, müssen spätestens bis 2015 konkrete Pläne für die Entsorgung vorlegen. Die EU-Minister beschlossen am Dienstag bei einem Treffen in Brüssel eine entsprechende Richtlinie.
Wenn bis dahin keine Pläne vorliegen, kann Brüssel rechtlich gegen Mitgliedsstaaten vorgehen. Für scharfe Kritik sorgt, dass Atommüllexporte in Nicht-EU-Länder wie Russland nicht grundsätzlich verboten werden, also der Müll auch dort entsorgt werden kann, wenn es entsprechende Endlager dort gibt. Das öffne dem Atommülltourismus Tür und Tor, kritisierten SPD und Grüne.
Die Bundesregierung bekräftigte, auf Basis der EU-Richtlinie bis Jahresende ein Gesetz zur Endlagersuche vorzulegen. Wie schon beim Atomausstieg strebe man "einen breiten gesellschaftlichen Konsens an", teilte das Bundesumweltministerium in Berlin mit. Im Zuge der Richtlinie bleibt die Standortfrage - wie das mögliche Endlager im niedersächsischen Gorleben - Sache der nationalen Regierung.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU), der den EU-Vorschlag ausgearbeitet hatte, sagte: "Die Mitgliedsstaaten müssen in vier Jahren ein umfassendes Drehbuch vorlegen." Dabei gehe es um den Zeithorizont für Standortauswahl und Planung, Bau und Inbetriebnahme. Die Kosten für die Entsorgung sollen die Verursacher tragen.
Die nukleare Sicherheit ist Sache Brüssels, während die EU in der Frage des nationalen Energie-Mix keine Kompetenz hat. In der EU betreiben 14 der 27 Staaten insgesamt 140 Kernkraftwerke. Dort fallen jährlich etwa 7000 Kubikmeter hochradioaktiver Abfälle an, die meist in Zwischenlager gebracht werden. Ein Endlager für hochradioaktiven Müll gibt es bisher nicht in der EU. Frankreich, Schweden und Finnland wollen zwischen 2020 und 2030 Endlager in Betrieb nehmen.
Im Gegensatz zu Oettingers ursprünglichem Vorschlag ist in der Richtlinie der Export von Atommüll in Länder außerhalb der EU nicht mehr grundsätzlich verboten. Vor allem osteuropäische Länder hatten jahrelang radioaktiven Müll nach Russland gebracht, wo die Sicherheitsstandards niedrig sind.
Oettinger verteidigte sich und verwies auf den Widerstand der EU-Regierungen: "Wir haben das Maximum dessen, was erreichbar war, mit den Mitgliedsstaaten verbindlich erreicht." Zudem gebe es eine Klausel, dass nur in Länder mit bereits bestehenden Endlagern exportiert werden dürfe - und die gebe es derzeit noch nicht.
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