«Ich weiß, das klingt ambitioniert, aber ich möchte die längste ineinander verzahnte Thriller-Story der Welt erschaffen», sagte der 60-Jährige der Zeitschrift «Freundin Donna». Derzeit hinke er dem Zeitplan allerdings hinterher.
Seine pessimistische Sicht auf die Welt quäle ihn oft, sagte er. «Aber durch die Schreiberei kann ich viel Negatives abbauen.»
In einer Heilanstalt für psychisch Kranke, in der sein Vater Arzt war, habe er früh Einblicke in die menschliche Psyche bekommen. Einer der Patienten dort habe Mørck geheißen. «Nach ihm habe ich den Kommissar in meinen Büchern benannt.»
Adler-Olsen steht mit dem dritten Mørck-Band «Erlösung» derzeit an der Spitze der Bestsellerlisten in Deutschland. In diesem Buch jagt Kommissar Carl Morck einen Serientäter, der Kinder von Sektenmitgliedern tötet.
Inspiration
«Die Inspiration kam, als ich über Autoritäten nachdachte. Mein Vater war Psychiater, und darum wuchs ich in psychiatrischen Anstalten auf. Ich hatte keine Angst vor den Patienten, sondern vor den Ärzten. Denn ich konnte nicht nur ihre Macht spüren, sondern manchmal auch, wie sie ihre Macht missbrauchten. Das hasse ich am meisten: Den Missbrauch von Macht.
Das kommt überall vor. Wenn man eine große Firma besitzt, hat man die Möglichkeit, über seine Mitarbeiter Macht auszuüben oder der Umgebung seine Macht aufzudrücken. Ich sehe jedes Buch, das ich schreibe, von der anderen Seite. Also: Die Macht eines Unternehmens oder einer religiösen Sekte nehmen und diese Macht gegen das Unternehmen oder die Sekte selbst verwenden. Ich benutze die Macht gegen die Macht.»
Sekten
«Ich habe keine persönlichen Erfahrungen mit Sekten. Ich habe auch kein Problem mit irgendeiner Art von Religion, sofern sie im Privatbereich bleibt. Ich finde, Glaube ist eine sehr private Sache, und das sollte er auch sein. Zum Problem wird er nur, wenn man anderen Leuten seinen Glauben aufzwingen will. Und darüber schreibe ich. Also ein großes Thema personalisiert.»
Spannung
«Ich benutze verschiedene Perspektiven, in jedem Kapitel eine andere. Dann bist du jeweils im Kopf einer Figur - das kann Carl sein, das kann der Mörder sein, das kann Rakel sein. Der Mörder sieht sich in dieser Geschichte nicht als der Böse, er ist ein Produkt dessen, was mit ihm geschehen ist. Wenn ich über solche Figuren schreibe, gestalte ich sie. Ich bin dann wirklich diese Person. Es war sehr schwer, Merete Lynggaard im Verlies zu sein (in "Erbarmen"). Ich mochte das nicht, ich fühlte mich richtig schlecht. Umgekehrt fühlte ich mich stark, als ich die Kapitel über den Mörder in "Erlösung" schrieb.
Ich halte die verschiedenen Perspektiven streng ein, weil ich will, dass die Leser dasselbe fühlen wie ich. Das ist der Trick: Du bist im Kopf einer Figur, und weil du auch der Leser bist, weißt du gleichzeitig, was mit der Figur im nächsten Kapitel geschieht - du kannst nichts dagegen tun und der Schweiß bricht dir aus, denn du bist in ihrem Kopf. Das ist Spannung. Wie das geht, habe ich von den Hitchcock-Filmen gelernt.»
dpa - Bild: Oliver Berg (epa)