Autofahrer aus anderen EU-Mitgliedsstaaten sollen zukünftig nicht mehr ungeschoren davonkommen, wenn sie Verkehrsverstöße begehen. Obwohl es bei einem ausländischen Fahrer dreimal wahrscheinlicher ist, dass er gegen Verkehrsregeln verstößt, als das bei einem einheimischen Autofahrer der Fall ist, und viele EU-Ausländer auch hierzulande etwa bei Geschwindigkeitskontrollen ertappt werden, bleiben viele Verstöße bislang ungeahndet. Der Grund: Die Behörden haben ihre Mühe, Name und Anschrift der Halter von geblitzten PKW zu ermitteln.
Damit sich dies ändert, wird seit Jahren auf EU-Ebene diskutiert und im Europaparlament debattiert. Am Mittwoch wollen die Europaparlamentarier die entsprechende Regelung in zweiter Lesung verabschieden. Allerdings fällt sie deutlich weniger streng aus, als viele Parlamentarier sich dies gewünscht hätten. Dennoch: Was bilateral bereits mit den Nachbarn Deutschland und Frankreich funktioniert, soll zukünftig auch mit anderen EU-Partnern praktiziert werden. Belgische Behörden könnten beispielsweise elektronisch Name und Anschrift eines Fahrzeughalters in der Tschechischen Republik abfragen, um ihn dann mit dem Vorwurf des Verkehrsverstoßes zu konfrontieren und ihn gegebenenfalls zur Kasse zu bitten.
Eintreiben von Knöllchen aus dem Ausland soll ausgedehnt werden
Hiermit will man die Schlupflöcher für Verkehrssünder grenzüberschreitend schließen. Geahndet werden sollen Verkehrsverstöße innerhalb der EU immer dann über Grenzen hinweg, wenn es sich um schwerere Vergehen handelt. Hierzu gehören Alkohol oder Drogen am Steuer, Geschwindigkeitsübertretungen, das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts, die unerlaubte Nutzung von Handys am Steuer, das Fahren auf Busspuren oder anderen verbotenen Fahrstreifen, das Überfahren einer roten Ampel und, für Motorradfahrer, das Nichttragen des Helms.
Damit es zu einer Ahndung von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung kommen kann, soll die zuständige Heimatbehörde des Fahrzeughalters, der die Übertretung beging, auf Anfrage die Zulassungsdaten des betroffenen Fahrzeugs an die Schwesterbehörde im EU-Ausland weiterreichen. Dies allerdings unter Einhaltung strikter Datenschutzbestimmungen. Was bedeutet, dass übermittelte persönliche Daten zu keinem anderen Zweck verwendet und nach Abschluss des Verfahrens auch wieder gelöscht werden.
Die grenzüberschreitende Bußgeldjagd wird also nach dem Willen des Europaparlaments jetzt in Kürze eröffnet, aber weitaus weniger streng gehandhabt werden, als sich das der eine oder andere Abgeordnete gewünscht hätte.
War in erster Lesung für die Richtline noch vorgesehen, dass etwa ein belgischer Verkehrssünder wegen einer Regelwidrigkeit in Italien nicht nur den Bußgeldbescheid an seine Heimatadresse geschickt bekäme, sondern auch hiesige Behörden die zu zahlende Strafe einziehen könnten, ging das Einigen im Europaparlament zu weit. So weit kommt es also nicht. Zahlt der belgische Verkehrssünder die ursprünglich aus Italien geforderte Buße nicht, muss er nicht fürchten, von belgischen Behörden belangt zu werden. Nur bei einem erneuten Besuch in Italien könnte er möglicherweise wieder mit seinem Vergehen konfrontiert werden.
Und noch eins: Der eben beschriebene Informationsaustausch betrifft in einer Anfangsphase Verkehrssünder aus Irland, Großbritannien und Dänemark nicht. Diese drei Länder nehmen nämlich im europäischen Verbund nicht an der Zusammenarbeit der Polizeikräfte teil.
Stimmt das Europaparlament dem Text also jetzt zu, dann könnte er, wenn auch mit einigen Unzulänglichkeiten, 2013 in Kraft treten.
Archivbild: belga