Die Lage in Syrien gerät immer mehr außer Kontrolle. Am Samstag trugen Tausende von Angehörigen und Regimegegnern Demonstranten zu Grabe, die am Freitag bei Protestaktionen in mehreren Städten und Dörfern getötet worden waren.
Das Syrische Menschenrechtskomitee sprach von insgesamt 32 "Märtyrern". Die meisten Opfer gab es den Angaben zufolge in der Provinz Idlib, wo bei Anti-Regime-Protesten 19 Menschen erschossen worden sein sollen. Neun Tote zählte die Vereinigung in Homs.
Der Vorsitzende des Komitees, Haitham al-Maleh, rief in einem Video, das der arabische TV-Sender Al-Dschasira ausstrahlte, zur Bildung einer Übergangsregierung auf. In einem Hotel der Hauptstadt Damaskus kam es am Sonntag zu einer Schlägerei, als ein Regimegegner während einer Konferenz von Oppositionellen rief: "Mit eurer Konferenz wollt ihr die Stimme der Straße zum Schweigen bringen, aber die Straße will den Sturz des Regimes."
Aktivisten teilten am Samstag mit, in der Stadt Tasil in der südlichen Provinz Daraa seien mindestens 41 Menschen von den Sicherheitskräften abgeführt worden. Mindestens acht weitere mutmaßliche Regimegegner wurden in der nördlichen Provinz Idlib und sieben in der Stadt Aleppo im Zentrum des Landes festgenommen, wie das Lokale Koordinierungskomitee für Syrien mitteilte.
Human Rights Watch fordert zu Beendigung der Gewaltanwendung auf
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte die Regierung auf, die übermäßige Gewaltanwendung zu beenden und alle Menschen freizulassen, die für ihr Recht auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurden. "Präsident Baschar al-Assads Versprechen neuer Gesetze, die mehr politische Teilhabe erlauben, klingen hohl, wenn die Sicherheitskräfte weiterhin über den meisten grundlegenden Gesetzen stehen", sagte die Nahost-Direktorin Sarah Leah Whitson.
Allmählich verliert auch die Türkei, wo mehr als 10.000 syrische Flüchtlinge Zuflucht gefunden haben, die Geduld mit Assad. Außenminister Ahmet Davutoglu sagte am Samstag in Kairo, Assad müsse friedliche Proteste zulassen. In den vergangenen Tagen haben sich die Hinweise verdichtet, dass unter den Scharfschützen, die auf die Demonstranten schießen, auch Iraner sind. Der Iran ist neben der pro-iranischen Hisbollah-Bewegung im Libanon der wichtigste Bündnispartner Assads in der Region.
Nachdem in der Stadt Hama am Freitag Hunderttausende gegen sein Regime demonstriert hatten, feuerte Präsident Assad am Samstag den Gouverneur der Provinz, Ahmed Chalid. Assad hatte seit Beginn der Proteste bereits die Gouverneure der Provinzen Daraa und Homs entlassen.
dpa/cd - Bild: Albert Olive (epa)