US-Präsident Barack Obama leitet nach fast zehn Jahren Afghanistan-Krieg den Truppenabzug aus Afghanistan ein. In einer Rede an die Nation kündigte er am Mittwochabend (Ortszeit) an, bis zum Sommer nächsten Jahres 33.000 Soldaten aus Afghanistan abzuziehen.
Bereits in diesem Jahr soll der Truppenumfang am Hindukusch um 10.000 schrumpfen. Seine Entscheidung stützte Obama insbesondere auf deutliche Fortschritte im Kampf gegen die Al-Kaida-Terroristen, die Afghanistan lange Jahre als Operationsbasis benutzt hatten.
Obama war angesichts der hohen Kriegskosten, der schwachen Wirtschaft und immensen Staatsverschuldung im eigenen Land zunehmend unter Druck geraten, die Afghanistan-Soldaten zügig nach Hause zu bringen. Ende nächsten Jahres finden in den USA Präsidentschaftswahlen statt, Obama bewirbt sich um eine zweite Amtszeit. In seiner Rede erklärte er nun, es sei Zeit, dass sich die USA mehr auf sich selbst konzentrierten. "Es ist Zeit, an der eigenen Nation zu bauen."
Zugleich erteilte er Rufen nach einem amerikanischen Isolationismus eine Absage. Stattdessen warb er für internationale Zusammenarbeit bei Krisen wie derzeit im Fall Libyen. Zurzeit sind etwa 100.000 US-Soldaten am Hindukusch im Einsatz. Der Abzug von 33.000 Soldaten entspricht der Zahl, um die Obama die US-Truppen in Afghanistan im September 2009 aufgestockt hatte, um die wachsende Gewalt im Land einzudämmen.
Frankreich zieht nach - Belgische Soldaten bleiben vor Ort
Ein Abzug der belgischen Soldaten aus Afghanistan ist laut Verteidigungsminister Pieter De Crem noch nicht geplant. Derzeit sind 626 belgische Militärs dort stationiert. Die Hälfte davon ist in Kabul, um für die Sicherung des Flughafens zu sorgen. Etwa 100 Soldaten sind in Kundus stationiert. Der Rest befindet sich in Kandahar, wo sechs F16-Bomber des belgischen Militärs stationiert sind.
Frankreich dagegen leitet wie die USA den Truppenabzug aus Afghanistan ein. Angesichts der erzielten Fortschritte werde man mit einem schrittweisen Abzug der Kräfte beginnen, ließ Präsident Sarkozy mitteilen. Der Abzug soll nach einem ähnlichen Zeitplan wie der der Amerikaner erfolgen und diesem auch von der Größenordnung prozentual entsprechen. Frankreich hat derzeit rund 4000 Soldaten im Afghanistaneinsatz.
Taliban: "nicht ausreichend"
"Al-Kaida steht unter mehr Druck als je zuvor seit dem 11. September", sagte Obama. Die Terrororganisation habe bereits Schwierigkeiten, getötete Kader zu ersetzen. Zusammen mit Pakistan sei es gelungen, die Hälfte der Al-Kaida-Führung auszuschalten. "Und dank unserer Geheimdienstfachleute und Spezialeinheiten haben wir Osama bin Laden getötet, den einzigen Führer, den Al-Kaida jemals gekannt hat", sagte Obama.
Der Präsident hob zudem die "ernsten Verluste" hervor, die den radikalislamischen Taliban zugefügt worden seien. Er verwies weiter auf Fortschritte beim Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte, denen die USA und die Nato bis Ende 2014 die Verantwortung für die Sicherheitslage im Land übertragen wollen. Bis dahin solle der US-Truppenabbau stetig fortgesetzt werden, sagte Obama, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen.
Die Taliban kritisierten den angekündigten Teilabzug als nicht ausreichend und haben mit einer Eskalation der Gewalt gedroht. In einer an Medien versandten Stellungnahme hieß es, die Einschätzung der USA, dass ihre Truppen Fortschritte in Afghanistan erzielt hätten, sei "Propaganda". Der amerikanische Steuerzahler müsse begreifen, dass sein Geld immer noch für diesen sinn- und zwecklosen Kieg verschwendet werde oder immer noch in die Taschen von Regierungsbeamten des korrupten Kabuler Regimes fließe.
dpa/sh/km - Bild: Pablo Martinez Monsivais (epa)