Wenige Tage vor dem Deutschland-Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao ist der Regimekritiker Ai Weiwei gegen Kaution freigelassen worden. Wie die chinesische Staatsagentur Xinhua am Mittwoch berichtete, wurde die Freilassung des Gegenwartskünstlers mit "Schuldeingeständnissen" und seinem Gesundheitszustand begründet.
Westliche Regierungen hatten nach der Festnahme Ai Weiweis am 3. April auf dem Pekinger Flughafen die sofortige Freilassung gefordert. Aus ihrer Sicht war er wegen seiner Kritik am kommunistischen System festgesetzt worden.
Vorwurf: Wirtschaftsverbrechen
Die Familie des Künstlers hatte den gegen ihn erhobenen Vorwurf des Steuerbetrugs zurückgewiesen. Laut Xinhua soll ein von Ai Weiwei "kontrolliertes" Unternehmen, Beijing Fake Cultural Development Ltd, "große" Beträge Steuern hinterzogen haben. Am Mittwoch schrieb die Staatsagentur, Ai Weiwei sei zur Steuernachzahlung bereit. Menschenrechtsgruppen hatten darauf hingewiesen, dass chinesische Behörden auch schon in anderen Fällen den Vorwurf von Wirtschaftsverbrechen gegen Bürgerrechtler erhoben haben.
Verleger bleibt skeptisch
Mit gemischten Gefühlen reagierte Ais Berliner Verleger Wolfgang Hörner vom Galiani Verlag, der die in China verbotenen Blogtexte des Künstlers herausbringt. "Wir sind natürlich zunächst unglaublich froh", sagte er. "Aber wir machen uns auch große Sorge, dass ihm Wirtschaftsverbrechen vorgeworfen werden. Das ist oft ein Weg, Regimekritiker ins Gefängnis zu bringen oder sie zu ruinieren."
Hörner betonte, an den Zuständen in China habe sich nichts grundsätzlich geändert. "Das ist zwar grandios, aber es gibt genügend andere, weniger bekannte Künstler, die nach wie vor inhaftiert oder verschleppt sind." Bei Galiani erscheinen Ais Blogtexte Ende Juli unter dem Titel "Macht euch keine Illusionen über mich".
Ai Weiwei: Künstler und Regimekritiker
Ai Weiwei wurde 1957 in Peking geboren. Er studierte an der Filmakademie in Peking und lebte mehrere Jahre in den USA. In unzähligen Dokumentarfilmen zeigt sich sein politischer Aktivismus, wo er Menschenrechte thematisiert. Zuletzt avancierte der Künstler auch zum Blogger und nutzte Twitter - wie andere chinesische Aktivisten -, um Missbräuche der Polizei und Behörden anzuprangern.
Der Regimekritiker genießt wegen seiner Kunstwerke und Installationen international hohes Ansehen. Als künstlerischer Berater war er auch an der Gestaltung des Olympiastadions in Peking beteiligt.
dpa/fs - Archivbiod: Tobias Hase (epa)