Die Nato hat eingeräumt, versehentlich ein Wohnhaus in der libyschen Hauptstadt Tripolis bombardiert und dabei allem Anschein nach mehrere Menschen getötet zu haben.
Der Oberkommandeur des Nato-Einsatzes in Libyen, der kanadische General Charles Bouchard, bedauerte in einer am Sonntagabend veröffentlichten Erklärung den Vorfall. Das Regime des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi hatte dem Militärbündnis vorgeworfen, bei dem Angriff mindestens drei Menschen getötet zu haben, darunter auch ein Kleinkind.
"Nato bedauert den Verlust unschuldiger Menschenleben"
"Obwohl wir die Einzelheiten des Zwischenfalls noch ermitteln, scheint es so, dass ein Fehler in einem Waffensystem diesen Zwischenfall verursacht hat", erklärte Bouchard in seinem Hauptquartier in Neapel. Es sehe so aus, als ob eine Bombe nicht das beabsichtigte Ziel getroffen habe. "Die Nato bedauert den Verlust unschuldiger Menschenleben und sie geht sehr sorgsam vor im Kampf gegen ein Regime, das entschlossen ist, Gewalt gegen seine eigenen Bürger anzuwenden", teilte das Militärbündnis weiter mit.
Kurz nach dem Luftangriff in der Nacht zum Sonntag waren ausländische Journalisten von den libyschen Behörden zu dem zerstörten Wohnhaus gebracht worden. Sie beobachteten, wie eine Leiche aus den Trümmern geborgen wurde. Zahlreiche Nachbarn halfen bei den Bergungsarbeiten. Später wurde den Reportern in einem Krankenhaus auch die Leiche eines Kleinkindes gezeigt. "Dies ist ein weiterer Beweis für die Brutalität der Nato", erklärte der libysche Regierungssprecher Mussa Ibrahim.
Der internationale Militäreinsatz in Libyen stützt sich auf ein UN-Mandat, das zum Schutz von Zivilisten den Einsatz militärischer Gewalt zulässt. Seit Übernahme der Führung des Militäreinsatzes durch die Nato am 31. März sind nach Nato-Angaben mehr als 4400 Kampfeinsätze gegen militärische Ziele in Libyen geflogen worden.
Kämpfe an der Grenze zu Tunesien
Gaddafi-Truppen griffen derweil am Wochenende Rebellenstellungen nahe der westlichen Stadt Nalut an. Ein Reporter des Fernsehsenders Al-Dschasira berichtete von schweren Kämpfen am Rand der strategisch wichtigen Stadt unweit der Grenze zu Tunesien. Die Aufständischen hätten ihre Positionen aber behauptet, sagte der Reporter.
Die Rebellen kontrollieren den gesamten Kamm des Nafusa-Gebirges, der von der tunesischen Grenze bis 80 Kilometer vor die Hauptstadt Tripolis reicht. Die Gaddafi-Truppen versuchen seit Wochen, bei Nalut eine Bresche in das Aufständischen-Gebiet zu schlagen. Damit wollen sie die für die Rebellen lebenswichtige Nachschublinie aus Tunesien unterbrechen.
dpa/jp/km - Bild: Mohamed Messara (epa)