Bei seinem ersten Auftritt vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat der serbische Ex-General Ratko Mladic alle Vorwürfe zurückgewiesen.
Nach der Verlesung der 37-seitigen Anklage meinte er, es handele sich um "monströse Worte, von denen ich noch nie gehört habe". Deshalb benötige er mehr als die eigentlich vorgesehenen 30 Tage zur Vorbereitung seiner Verteidigung.
Der Angeklagte wiederholte immer wieder: "Ich habe mein Volk und mein Land verteidigt" und "Ich habe keine Muslime und keine Kroaten umgebracht". Der Vorsitzende Richter unterbrach Mladic und vertagte den Prozess auf den 4. Juli (10.00 Uhr).
Mladic werden die schwersten Kriegsverbrechen in Europa seit 1945 zur Last gelegt. Der Militärführer der bosnischen Serben im Bürgerkrieg (1992-1995) ist wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verletzung der Gesetze und Regeln der Kriegsführung angeklagt. Er wird vor allem für das Massaker von Srebrenica mit 8000 Toten verantwortlich gemacht.
Dem UN-Tribunal sagte Mladic mit belegter Stimme: "Ich bin ein schwer kranker Mann." Er verfolgte die Verlesung der elf Anklagepunkte ohne jede Regung. Der Vorsitzende Richter Alphons Orie beschrieb von serbischen Verbänden angelegte Massengräber, Deportationen und Zwangslager.
UN-Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien
Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag ahndet Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er ist zuständig für Verbrechen während der Kriege auf dem Gebiet des einstigen Jugoslawien zwischen 1991 und 1999. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen schuf das Sondertribunal 1993 durch die Resolution 827.
Gerichtspräsident ist Patrick Lipton Robinson aus Jamaika, Chefankläger der Ostbelgier Serge Brammertz. Das Tribunal hat mehr als 1100 Mitarbeiter. Basis für die Verfahren vor dem ICTY (International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia) sind internationale Rechtsquellen wie die Haager Kriegsrechtskonvention (1907), die Völkermord- Konvention (1948) und die Genfer Konvention zum Schutz von Kriegsopfern (1949).
Bislang hat das Tribunal mehr als 160 mutmaßliche Täter wegen schwerer Verbrechen in den Balkan-Kriegen angeklagt. Darunter war der jugoslawische Ex-Präsident Slobodan Milosevic, der 2006 vor dem Ende seines Prozesses im Gefängnis starb. Mehr als 60 Angeklagte wurden verurteilt, rund 40 Verfahren laufen noch - darunter das gegen den politischen Serbenführer Radovan Karadzic. Die Höchststrafe des Gerichts ist lebenslange Haft.
dpa/jp/km - Bild: Martin Meissner (epa)