Der jemenitische Präsident Ali Abdullah Salih lässt die Armee auf jeden feuern, der ihm im Weg steht. Alleine in der Stadt Tais sollen seit Sonntag mehr als 50 Menschen erschossen worden sein.
In der Hauptstadt Sanaa liefern sich Regierungstruppen weiter Gefechte mit den Kämpfern des Clans von Stammesführer Sadik al-Ahmar. Die Anhänger von Al-Ahmar eroberten am Dienstag nach Angaben von Reportern vor Ort das Innenministerium, die Polizeistation des Al-Hasaba-Viertels und ein Gebäude von Salihs Partei Allgemeiner Volkskongress. Zur Zahl der Opfer der jüngsten Gefechte in Sanaa lagen keine gesicherten Angaben vor.
Nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen kamen bei gewaltsamen Übergriffen in der Stadt Tais im Süden Jemens seit Sonntag mehr als 50 Menschen ums Leben gekommen. Darauf hat am Dienstag die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, in Genf verwiesen. Pillay sprach von "verwerflichen Gewaltakten und rücksichtslosen Angriffen auf unbewaffnete Zivilisten durch bewaffnete Sicherheitsbeamte". Da auch das Krankenhaus besetzt und ein Feldlazarett abgebrannt seien, gebe es kaum Möglichkeiten, in Notfällen medizinische Hilfe zu leisten.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte am Dienstag in Brüssel: "Ich bin schockiert und verurteile in schärfster Form den Einsatz von Gewalt und scharfer Munition gegen friedliche Demonstranten in Tais." Ashton forderte Salih auf, jetzt ohne Wenn und Aber den Vorschlag der arabischen Golfstaaten für einen friedlichen Machtwechsel zu unterzeichnen. Dieser Vorschlag würde Salih Straffreiheit garantieren, falls er die Macht dem Vizepräsidenten übergeben sollte.
Gefechte wurden am Dienstag auch aus der südlichen Provinz Abijan gemeldet, wo die Regierungstruppen gegen Al-Kaida-Terroristen kämpfen. Die jemenitische Nachrichtenwebsite "Marebpress.net" sprach von zahlreichen Toten auf beiden Seiten. Auf der Straße zwischen Abjan und der Hafenstadt Aden sollen mehrere Soldaten in einen Hinterhalt der Terroristen geraten und getötet worden sein. Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete, ein Selbstmordattentäter habe fünf Soldaten mit in den Tod gerissen.
Nach dem Vorbild der Revolution in Tunesien hatten sich vor vier Monaten auch im Jemen junge Aktivisten zu Protesten gegen Präsident Salih zusammengefunden, der in Sanaa seit 1978 an der Macht ist. Später schlossen sich auch die Oppositionsparteien und mehrere Stammesführer der Forderung der Demonstranten nach einem Rücktritt Salihs an. Experten warnen vor einem drohenden Zerfall des Staates.
dpa/est/sr - Archivbild: Saba (epa)