Für eine Annäherung an die Europäische Union hatte man in Brüssel nämlich immer auch eine bessere Zusammenarbeit mit dem UN Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien in Den Haag zur Bedingung gemacht.
Mit Mladic wird nun einer der letzten mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrecher in Kürze wohl nach Den Haag überstellt. Sollte jetzt der Weg in die EU für Serbien nicht frei sein?
Sie sterben nicht aus aber sie werden weniger - gut zweihundert Demonstranten gingen nach Bekanntwerden der Nachricht von der Festnahme Ratko Mladics auf dem Trk republike, dem Platz der Republik in Belgrad noch auf die Straße, um ihrem Unmut und ihrer Entrüstung über die Verhaftung ihres Helden, Luft zu machen.
Die Unterstützung für diejenigen, die sich vor Gericht wegen der Tötung hunderter während des Kriegs auf dem Balkan werden verantworten müssen, bröckelt - auch in Serbien. Mutmaßliche Kriegsverbrecher haben endlich keinen Platz mehr in diesem Land, das händeringend versucht seiner Bevölkerung mit einer europäischen Perspektive den Weg in die Zukunft, eine bessere Zukunft zu ebnen.
Ein Blick in die Boulevardblätter Belgrads mag den einen oder anderen erstaunen aber im "Blic", einem der auflagenstärkeren Blätter in Serbien, kann man dann am Freitag auch nachlesen, dass der Aufgriff von Ratko Mladic lange überfällig war. Dass mit der bevorstehenden Auslieferung Mladics an das UN Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien in Den Haag endlich der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Vom falschen Patrioten, vom Mörder von Srebrenica ist da, auch in Serbiens Presse, heute die Rede.
Eine erfreuliche Entwicklung
Zeigt sie doch, dass ein neuer Wind in Serbien weht, der den Einfluss der einst so mächtigen Nationalisten schmälert. Im Leitartikel einer Belgrader Zeitung heißt es am Freitag aber auch Serbien habe lange genug dafür bezahlt, als Völkermord-Nation dazustehen. Der Aufgriff und die bevorstehende Auslieferung Mladics an das Gericht in Den Haag sei überfällig gewesen - sicher, aber jetzt komme sie und jetzt müsse die EU dies auch belohnen.
Jetzt müsse der Weg endlich frei sein für eine Kandidatur, für eine Beantragung des EU Beitritts, so der serbische Leitartikler. Und diese Argumentation kann man durchaus nachvollziehen, so meine ich. Die europäische Perspektive für Serbien im Besonderen und für andere Staaten des westlichen Balkans im Allgemeinen muss durch deutliche Signalen sichtbar bleiben. Nur so kann es gelingen den nationalistischen Hardlinern den Nährboden für ihr gefährliches Gedankengut endgültig zu entziehen.
Das, was von der EU Kommission oder dem Europaparlament bislang zu hören war, ist für meinen Begriff zu verhalten. Natürlich darf man keine Abstriche bei Rechtsstaatlichkeit, funktionierender Verwaltung, guter Regierungsführung und Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen machen, wenn Serbien die Tür zur EU geöffnet werden soll. Doch ist die Einschätzung von Erweiterungskommissar Füle, der erklärte, die Liste der zu erfüllenden Voraussetzungen Serbiens auf dem Weg in die EU sei mit der Verhaftung von Ratko Mladic nur um einen Punkt kürzer geworden, das richtige Signal? Bedarf es nicht eines anderen Zeichens für die Reformer in Belgrad?
Der offizielle Kandidatenstatus Serbiens für den EU-Beitritt, der mit zusätzlichen Finanzhilfen verbunden ist, wäre nach Aufhebung der Visapflicht Ende 2009 ein solches, wichtiges Zeichen. Kommt es nicht, dann könnten in Serbien, ja überall auf dem Westlichen Balkan jene Reformen ins Stocken geraten, die zum Erreichen der Beitrittskriterien just nötig sind. Das darf nicht sein. Im Gegenteil: Die Bürger dort müssen die greifbaren Vorteile der Zugehörigkeit zum Rest Europas erkennen, damit die Zustimmung zum EU-Beitritt nicht sinkt.
Und noch eins: Kommt das Signal für Serbien mit einem offiziellen Kandidatenstatus für den EU Beitritt, dann kommt man auch einer neuen Architektur in der Region näher. Die würde mehr Stabilität und mehr Sicherheit bringen. Und das ist es was wir auf dem westlichen Balkan brauchen. Denn, wie sagte Luxemburgs Premier Junker im Bezug auf Europa als Frage zwischen Krieg und Frieden: Die alten Dämonen schlafen nur.
Bild: Drago Vejnovic (epa)