Die Reise von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il durch China gibt Rätsel auf: Unter strenger Geheimhaltung fuhr der skurrile Militärführer am Sonntag mit seinem Sonderzug von Nordostchina weiter in Richtung Süden. Bei seinem dritten China-Besuch in einem Jahr will Kim Jong Il offenbar Möglichkeiten für eine Kooperation seines hochgerüsteten, aber verarmten Landes mit dem wirtschaftlich blühenden Nachbarn China erkunden.
Peking habe Kim nach den Worten des chinesischen Premierministers Wen Jiabao eingeladen, um ihm die Gelegenheit zum Studium der "wirtschaftlichen Entwicklung" Chinas zu geben, berichtete die nationale südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Kim könne die Erfahrungen für die Entwicklung seines eigenen Landes nutzen. Dies habe Wen bei einem Treffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Lee Myung Bak in Tokio gesagt, hieß es unter Berufung auf einen Sprecher Lees. Weder Peking noch Pjöngjang hatten die Reise Kims bisher bestätigt.
Der Besuch findet vor dem Hintergrund der Bemühungen um eine Wiederaufnahme der seit 2009 einfrorenen Verhandlungen über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm statt. Wie diese Gespräche wieder in Gang gebracht werden können, war auch Thema bei dem Treffen zwischen Lee, Wen Jiabao und des japanischen Regierungschefs Naoto Kan am Wochenende in Japan.
Als eine vorsichtige Kontaktaufnahme schicken die USA am Dienstag ihren Sonderbeauftragten für Menschenrechte in Nordkorea, Robert King, nach Pjöngjang. King soll die Versorgungslage erkunden und Menschenrechtsfragen ansprechen. Nach Warnungen des Welternährungsprogramms (WFP) wird sich die Nahrungsmittelknappheit in Nordkorea angesichts aufgebrauchter Vorräte bald verschärfen.
Besuch der Stadt Yangzhou vermutet
Bei seinem China-Besuch hatte Kim Jong Il am Samstag in der Stadt Changchun (Provinz Jilin) das Werk des zweitgrößten chinesischen Autoherstellers First Automotive Works (FAW) besucht, wie Yonhap berichtete. Von Changchun fuhr der Sonderzug dann Richtung Süden. Nach ersten Berichten, er werde vielleicht in Peking erwartet, hieß es später, am Bahnhof der südlich bei Shanghai gelegenen Stadt Yangzhou (Provinz Jiangsu) seien Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden.
Kim Jong Il hatte die Stadt schon 2001 einmal besucht. Yangzhou hat für die Kim-Familie eine gewisse Bedeutung, weil sein Vater Kim Il Sung dort 1991 Gespräche mit dem chinesischen Präsidenten Jiang Zemin geführt hatte. Ob der gesundheitlich angeschlagene 69-Jährige von seinem Sohn und möglichen Nachfolger Kim Jong Un begleitet wird, blieb unklar. Da Kim Jong Il angeblich das Fliegen hasst, reist er immer mit einem speziell ausgestatteten Zug.
Schon früher hatte die chinesische Regierung seinen Besuch erst nach seiner Rückkehr nach Nordkorea offiziell bestätigt. Chinesische Regierungsbeamte machten deutlich, dass die Geheimhaltung auf ausdrücklichen nordkoreanischen Wunsch erfolgt. Zwar scheint es auch in der chinesischen Regierung Differenzen über den Umgang mit dem schwierigen Nachbarn zu geben, doch ist China schon aus historischen Gründen der letzte Freund des isolierten kommunistischen Landes.
dpa/km - Archivbild: Diego Azubel (epa)