Knapp eine Woche nach seiner Festnahme wegen versuchter Vergewaltigung hat Dominique Strauss-Kahn das Gefängnis verlassen können.
Allerdings muss der Ex-Chef des Internationalen Währungsfonds eine elektronische Fußfessel tragen und wird wegen der Fluchtgefahr rund um die Uhr von bewaffneten Sicherheitsbeamten überwacht. Dem 62-jährigen Franzosen wurde eine Wohnung am New Yorker Broadway in der Nähe von Ground Zero zugewiesen.
Für seine Entlassung von der Gefängnisinsel Rikers Island, einer der berüchtigsten Strafanstalten der USA, hatte Strauss-Kahns Frau, Anne Sinclair, eine Million Dollar (700.000 Euro) in bar und weitere fünf Millionen als Bürgschaft hinterlegt. Nach Medienberichten hatte Sinclair auch zwei Wohnungen in der Upper East Side von Manhattan gemietet, um dort bis zum Prozess mit ihrem Mann zu leben.
Womit sie nicht gerechnet hatte, ist die Reaktion der Nachbarn. Die Bewohner von Bristol Plaza an der 65. Straße erhoben Einspruch, als sie hörten, wer in ihr Haus ziehen wollte. Ein besonderer Dorn im Auge war ihnen der Medienrummel um den Franzosen, der unter dem Druck der belastenden Ereignisse inzwischen sein Amt an der Spitze der Weltorganisation aufgegeben hat.
Strauss-Kahn ist wegen der versuchten Vergewaltigung eines Zimmermädchens angeklagt. Er soll die 32-jährige Frau aus Westafrika in seiner New Yorker Hotelsuite überfallen und zu oralem Sex gezwungen haben. Der Franzose ist in sieben Punkten angeklagt und könnte für 25 und mehr Jahre hinter Gitter kommen. Er weist die Anschuldigungen zurück und hat den angeblich besten New Yorker Prozessanwalt, Benjamin Branfman, engagiert.
Auf Anordnung des Gerichts dürfen Strauss-Kahn und seine Frau nur vier Tage in der Übergangswohnung nahe Ground Zero bleiben. Ob es ihnen gelingt, doch noch in das Bristol House ziehen, war am Freitagabend ungewiss. Der Angeklagte muss den US-Berichten zufolge für die Kosten der Überwachung selbst aufkommen: 200.000 Dollar pro Monat.
Laut IWF wird Strauss-Kahn nach seinem Rücktritt rund 250.000 Dollar (176.000 Euro) Abfindung erhalten. Die Zahl veröffentlichte der IWF am Freitag in Washington als Reaktion auf Medienberichte, in denen von größeren Summen die Rede war. Diese Angaben seien "schwer übertrieben", hieß es in der Mitteilung des Sonderorganisation der Vereinten Nationen.
Strauss-Kahn habe als einer der bestbezahlten Diplomaten ein steuerfreies Salär von rund 420.000 Dollar im Jahr erhalten. Zusätzlich sei eine Zulage von gut 75.000 für die hohen Lebenshaltungskosten in der US-Hauptstadt Washington geflossen, teilte der IWF mit.
Strauss-Kahn-Nachfolger soll bis Ende Juni gefunden werden
Der Internationale Währungsfonds (IWF) will bis zum 30. Juni einen Nachfolger für den zurückgetretenen Direktor Dominique Strauss-Kahn gefunden haben. Der Auswahlprozess solle bis dahin abgeschlossen sein, teilte die Organisation in der Nacht zum Samstag in Washington mit. Die Nominierungsphase für Bewerber um den Posten werde am 23. Mai beginnen und laufe bis zum 10. Juni.
Zugleich veröffentlichte der Fonds die grundlegenden Bedingungen für eine Kandidatur. Demnach müsse der künftige Direktor aus einem der Mitgliedsländer stammen. Er sollte über große Erfahrung in der Gestaltung von Wirtschaftspolitik sowie über tiefgreifende diplomatische Fähigkeiten verfügen.
Nach Ansicht europäischer Regierungen solle künftig wie üblich ein Europäer an die Spitze der Sonderorganisation der Vereinten Nationen rücken. Allerdings melden auch Schwellenländer wie China und Indien ihren Anspruch an. Die USA als größter Anteilseigner haben sich in der Nachfolge-Diskussion bislang neutral geäußert. Die amerikanische Regierung unterstütze Kandidaten, die in einem offenen Auswahlprozess gefunden würden und eine Mehrheit hinter sich versammeln könnten, teilte das Finanzministerium am Freitag mit.
Als Favoritin gilt die französische Finanzministerin Christine Lagarde. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sagte der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag): "Es ist ganz wichtig, dass die Europäer so schnell wie möglich einen gemeinsamen Kandidaten für den Chefposten des IWF vorschlagen", sagte Barnier . Der Kandidat müsse für die Amerikaner und auch für die Schwellenländer akzeptabel sein. "Das sollte nicht so schwer sein", sagte Barnier.
dpa/sh - Bild: Andrex Gombert (epa)