Nach den massiven Umwälzungen in der arabischen Welt hat US-Präsident Barack Obama die Demokratiebewegung gepriesen und zugleich Gewaltherrscher und Terroristen scharf angegriffen.
Der historische Wandel solle nun mit amerikanischen Wirtschaftshilfen in Milliardenhöhe sowie einem erneuten Anlauf für den Frieden in Nahost gesichert werden, sagte Obama am Donnerstag in einer langerwarteten außenpolitischen Grundsatzrede in Washington. Dort die universellen Menschenrechte zu sichern sei die Top-Priorität seiner Politik.
Die Menschen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika hätten ihre Zukunft in die eigenen Hände genommen. Er verglich den "arabischen Frühling" mit der amerikanischen Revolution. "Durch die moralische Kraft der Gewaltlosigkeit hat die Bevölkerung in der Region mehr Wandel in sechs Monaten erreicht als Terroristen in Jahrzehnten", sagte er.
Grenzen von 1967 als Basis
An die Adresse Israels und der Palästinenser gewandt sagte Obama, dass ein andauernder Frieden nun wichtiger sei als jemals zuvor. Er machte deutlich, dass die USA weiter für eine Zwei-Staaten-Lösung plädieren, mit einem in sicheren Grenzen lebenden Israel und einem existenzfähigen Palästina. Zur strittigen Grenzfrage sagte Obama: "Die Grenzen von Israel und Palästina sollten auf den Linien von 1967 basieren, mit einem Austausch, auf den sich beide Seiten verständigen, so dass für beide Staaten sichere und anerkannte Grenzen etabliert werden".
US-Medien interpretierten dies so, dass er sich erstmals öffentlich dafür ausgesprochen habe, die Verhandlungen auf Grundlage der Grenzen vor dem Sechstagekrieg im Juni 1967 zu führen. Diese Ausgangsposition für Verhandlungen anzusetzen entspreche der Kernforderung der Palästinenser. Der Verweis auf die Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967 war vor allem ein Signal an die Israelis, dass Obama Konzessionen erwartet, hieß es. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu - der am Freitag im Weißen Haus empfangen wird - lehnt ein solches Zugeständnis strikt ab.
Kein Baustopp mehr gefordert
In drei weiteren wichtigen Punkten unterstützte Obama jedoch die Position Israels. Obama verlangte von Israel nicht ausdrücklich eine Baustopp in den Siedlungen. Außerdem forderte er die Palästinenser auf, einseitige Schritte zu unterlassen. Der US-Präsident unterstützte weiterhin die israelische Position, wonach in den Friedensverhandlungen zuerst über Grenzen und Sicherheit für Israel gesprochen werden sollte.
Obama kündigte umfassende Wirtschaftshilfen des Westens für die Region, zunächst vor allem Ägypten und Tunesien, an. Allein Ägypten erhalte eine Milliarde Dollar Schuldenerlass und eine Kreditsicherung in gleicher Höhe. Auch der G8-Gipfel nächste Woche in Frankreich müsse Initiativen auf den Weg bringen. Eindeutig plädierte Obama für religiöse Toleranz auch in der islamischen Welt.
Zudem hob er die Erfolge der US-Politik vor allem im Kampf gegen den Terrorismus hervor. Die Tötung von Osama bin Laden war demnach ein schwerer Schlag für die Al-Kaida. "Bin Laden war kein Märtyrer. Er war ein Massenmörder, der eine Botschaft des Hasses hatte." Zugleich forderte Obama praktisch den Rücktritt des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Entweder Assad leite den Wandel in seinem Land oder er müsse zur Seite treten.
Netanjahu nicht zufrieden
Israels Ministerpräsident Netanjahu hat Einwände gegen die Friedensvorschläge von US-Präsident Obama vorgebracht. In einer Reaktion auf die Grundsatzrede Obamas sagte Netanjahu in Jerusalem, die Gründung eines Palästinenserstaates dürfe nicht auf Kosten der Existenz Israels erfolgen. Netanjahu erinnerte in diesem Zusammenhang Obama an eine Zusage der US-Regierung aus dem Jahr 2004, wonach von Israel kein Rückzug auf die Grenzen von 1967 erwartet werde. Diese Grenzen seien nicht zu verteidigen.
Netanjahu bemängelte auch, dass Obama in seiner Rede nicht weiter auf das palästinensische Flüchtlingsproblem eingegangen war. Ohne eine Lösung dieses Problems außerhalb der Grenzen Israels könnten territoriale Zugeständnisse den Konflikt nicht beenden, hieß es in der Erklärung des Ministerpräsidenten weiter. Darüber hinaus sollten die Palästinenser Israel als Heimstätte des jüdischen Volkes anerkennen.
dpa/est - Bild: Chip Somodevilla (epa)