Zum offiziellen Start der Volkszählung hat das Statistische Bundesamt datenschutzrechtliche Bedenken zurückgewiesen. Kein Befragter müsse Nachteile durch den Zensus befürchten, wenn er zum Beispiel nicht korrekt an seinem Wohnort gemeldet sei, sagte Präsident Roderich Egeler am Montag in Berlin.
Die Daten würden nicht an Finanzämter, Sozialämter, Einwohnermeldeämter oder Sicherheitsbehörden gegeben. Kritiker halten die Befragung aber nach wie vor für überflüssig. Sie sorgen sich um den Datenschutz.
In den 1980er Jahren wurde die Volkszählung in Westdeutschland von Protesten und Boykottaufrufen begleitet. Egeler glaubt, dass die Situation heute anders ist. «Wir rechnen nicht damit, dass dem Zensus ein Widerstand entgegengesetzt wird, der das Ergebnis infrage stellt», sagte er. Verweigere sich jemand, werde er zunächst gebeten, die Informationen zu liefern. Es gebe Erinnerungen, Mahnungen und Bußgelder. Jeder, der um Auskunft gebeten werde, sei laut Gesetz dazu verpflichtet.
Wer wird gezählt?
In Deutschland wird rund ein Drittel der mehr als 80 Millionen Einwohner befragt. Auskunft geben müssen alle Immobilien- und Wohnungsbesitzer, Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften und zehn Prozent der Einwohner, die zufällig ausgewählt werden. Bestimmte Daten aller Bürger werden aus den Melderegistern der Kommunen und dem Register der Bundesagentur für Arbeit zusammengetragen.
Wie viele Personen leben in Ihrer Wohnung? In welcher Branche arbeiten Sie? Welchen Schulabschluss haben Sie? Das sind Fragen für die Haushaltsbefragung. Alle Angaben müssen sich auf den 9. Mai beziehen - er ist der Stichtag. Es kann aber sein, dass Fragebögen schon früher verschickt wurden oder erst später eintreffen.
Die letzte Zählung in der damaligen Bundesrepublik gab es unter großen Protesten im Jahr 1987. In der DDR wurde das letzte Mal 1981 gezählt. Der Zensus 2011 geht zurück auf eine Verordnung der Europäischen Union. Ermittelt werden soll vor allem die genaue Zahl der Einwohner. Danach richten sich der Zuschnitt von Wahlkreisen, der staatliche Finanzausgleich und wie viele Sitze ein Land im Bundesrat bekommt. Erste Ergebnisse sollen im Herbst 2012 vorliegen.
Nicht notwendig?
Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert hält die Volkszählung für nicht notwendig. Es lägen genügend auswertbare Informationen in den verschiedenen Behörden vor, sagte Weichert am Montag auf NDR Info. Als Beispiele nannte er Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit und Melderegister. Dagegen verwies Egeler darauf, dass die Registerdaten immer noch auf den Ergebnissen der Volkszählungen von 1987 und 1981 basierten. Im Laufe der Jahre würden die Fortschreibungen immer ungenauer.
Der «Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung» kritisiert, dass auch Fragen gestellt werden, die über den von der EU geforderten Umfang hinausgehen - zum Beispiel zum Migrationshintergrund und zur Religion, wenngleich diese Frage freiwillig beantwortet werden kann. Zudem fürchtet der Arbeitskreis, dass mit den zusammengetragenen Daten konkrete Rückschlüsse auf den einzelnen Bürger möglich sind. Das Bundesinnenministerium wies solche Sorgen zurück. Bei der internen Verarbeitung hätten die zuständigen Mitarbeiter jeweils nur auf Teile der Daten Zugriff, beteuerte ein Sprecher.
Bleibt Köln Millionenstadt?

Mit dem Ausschwärmen der Volkszähler an diesem Montag stellt sich in Köln wieder die Millionenfrage. Sollten die Helfer weniger Einwohner zählen als in der amtlichen Statistik ausgewiesen, könnte der im vergangenen Jahr wiedergewonnene Titel «Millionenstadt» bald futsch sein. «Das könnte sein - muss aber nicht», sagte ein Sprecher des Statistischen Landesamtes am Montag in Düsseldorf auf dpa-Anfrage.
Derzeit hat Köln als viertgrößte deutsche Stadt hinter Berlin, Hamburg und München offiziell mehr als eine Million Einwohner. Den jüngsten Zahlen zufolge liegt Köln um gut 5525 Einwohner über der Millionen-Marke. Allerdings kamen die Zähler oft zu niedrigeren Ergebnissen.
«Leute wandern zum Beispiel ins Ausland aus, ohne sich abzumelden. Solche Fehler schreiben sich in der Statistik fort», sagte der Sprecher des Landesamtes. So habe bei einer Test-Zählung für den Zensus die bundesweite Bevölkerungszahl um 1,5 Millionen unter der amtlichen Statistik gelegen.
In Nordrhein-Westfalen musste nach der letzten Volkszählung 1987 die Einwohnerzahl aber nur um 40.000 nach unten korrigiert werden. Von Stadt zu Stadt sei das Ergebnis zudem sehr unterschiedlich gewesen. In den Uni-Städten Bonn und Münster seien die Einwohnerzahlen um deutliche 5,2 und 7,6 Prozent nach unten korrigiert worden.
Aber die Kölner könnten ihren Millionenstatus auch ausbauen: In Duisburg und Dortmund trieben die Volkszähler 1987 jeweils mehr als zwei Prozent mehr Einwohner auf als erwartet. Bis sie es genau wissen, müssen sich die Domstädter aber gedulden: Mit ersten Ergebnissen des Zensus ist im November 2012 zu rechnen.
dpa Bilder: istock und epa