Aus der Sicht des Herausgebers der deutschen Wochenzeitung hat die Finanzkrise Europas Schwächen zum Vorschein gebracht. Unter der Überschrift "... aber die Währung ist gut" lobt Schmidt den Euro und bezeichnet das Gerede von einer Krise der Gemeinschaftswährung nicht nur als leichtfertig, sondern sogar schädlich.
Kürzlich überraschte der bekannte deutsche Publizist Jürgen Habermas die Öffentlichkeit in einem Aufsatz für die "Süddeutsche" mit einer scharfen Kritik an die Adresse der Berliner Regierung.
Ihre Europa-Politik "spitze sich immer stärker auf den unverhohlenen Führungsanspruch eines europäischen Deutschlands in einem deutschgeprägten Europa zu".
Habermas erhielt dafür zahlreiche zustimmende Kommentare. Auch Schmidt sieht dies ähnlich. Aber dass Habermas von einer "Euro-Krise" redet, stört den 93-jährigen ehemaligen Bundeskanzler. In seiner Analyse gehen die Nachrichten über eine angebliche Euro-Krise total an der Realität vorbei.
In Wirklichkeit befänden sich einige überschuldete Mitgliedsstaaten sowie die EU insgesamt in puncto Handlungsfähigkeit in der Krise. Und das schaffe vor allem Misstrauen. Obwohl, wie Schmidt argumentiert, der Euro heute zur zweitwichtigsten Währung der Welt geworden ist und die EZB sich in der globalisierten Finanzkrise besser geschlagen habe als die Zentralbanken in New York und London und auch als die Führung in Peking.
Es sei auch nicht die Schuld des Euro, dass Eu-Rat, EU-Ministerräte, EU-Parlament und EU-Kommision seit dem Beginn der globalisierten Finanzkrise sich eher durchwurschtelten als handlungsfähig zeigten. Auch Schmidt vermisst vor dem Hintergrund des Fehlens einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Außenpolitik noch eine einheitliche Haushalts- und Steuerstrategie.
Noch hätte man, denkt man nur an die wirtschaftliche Bedeutung Europas, den einen oder anderen Trumpf in der Hand. Mehr denn je gelte aber ausdrücklich auch für die Exportmacht Deutschland: Nur gemeinsam könne man stark genug sein für die Welt von morgen mit den zu erwartenden Herausforderungen. Bisweilen mache man Fehler, ohne es zu begreifen. Und dann erinnert er die Verantwortungsträger seines Landes daran, dass sich Berlin bei der griechischen Schuldenkrise und in der Libyen-Frage sehr schlecht benommen habe.
Alles in allem haben aber aus der Sicht des einflussreichen Weltökonomen Schmidt die übermässig verschuldeten USA und deren mangelhafte Aufsicht über die privaten Finanzinstitutionen in Washington, New York und in der City of London Schuld. Nicht unschuldig seien die EU-Institutionen, die sowohl die Verschuldung einzelner Mitgliedsstaaten als auch die riskanten Abenteuer vieler Finanzinstitute verschliefen hätten.
Weil die meisten Regierungen in der EU noch nicht aufgewacht seien, habe inzwischen national-egoistischer innenpolitischer Populismus Oberwasser. Um zu Habermas zurückzukehren: Schmidt findet, dass er Recht hatte, als er jetzt der Politik vorwarf, dass sie sich durch Verzicht auf Perspektive und Gestaltungswillen auszeichne und auch ein erhebliches Defizit bei den Medien feststellte.
Bild: Angelika Warmuth (epa)