Der stellvertretende libysche Außenminister Chalid Kaim hat die Übergriffe auf ausländische Vertretungen in Tripolis bedauert. Kaim sagte nach Angaben des US-Nachrichtensenders CNN am Sonntag, es seien zu wenige Polizisten im Einsatz gewesen. Deshalb seien sie von der Menge überwältigt worden.
Die Menschen seien wegen eines Nato-Angriffs wütend gewesen, bei dem angeblich ein Sohn und drei Enkel des Machthabers Muammar al-Gaddafi ums Leben gekommen sein sollen.
In Tripolis soll die leerstehende britische Botschaft zerstört worden sein. Der libysche Botschafter in Großbritannien sei als "persona non grata" ("unerwünschte Person") aufgefordert worden, binnen 24 Stunden das Land zu verlassen, sagte Außenminister William Hague am Sonntag. Hague sagte: "Ich verurteile die Angriffe auf die Gebäude der britischen Botschaft in Tripolis genauso wie die Angriffe auf die Vertretungen anderer Länder." Das Gaddafi-Regime müsse die diplomatischen Vertretungen schützen. Das Regime habe erneut seine internationalen Verpflichtungen verletzt.
Die US-Regierung verurteile die Attacken aufs Schärfste. "Die Wiener Konvention fordert, dass das Gaddafi-Regime diplomatische Missionen in Tripolis schützt", heißt es in der Erklärung des Außenministeriums in Washington.
Zwölf ausländischen Mitarbeiter aus Tripolis abgezogen
Die BBC berichtete, auch UN-Gebäude wurden von aufgebrachten Massen angegriffen. Die Vereinten Nationen zogen ihre zwölf ausländischen Mitarbeiter aus Tripolis ab. Es handele sich nur um eine "vorübergehende" Maßnahme, hieß es am Sonntagabend in New York. Britische Diplomaten waren bereits vor mehreren Wochen aus dem Botschaftsgebäude in Tripolis ausgezogen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes gibt es keine Hinweise, dass die deutsche Botschaft attackiert wurde.
Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete in der Nacht zum Montag, dass die Kämpfe zwischen den Soldaten Gaddafis und den Rebellen an mehreren Orten heftiger geworden seien. Aufständische berichteten nach Angaben der "Washington Post" von einem größeren Angriff auf den Hafen der umkämpften Stadt Misrata. Im Hafen von Misrata werden neben Hilfsgütern auch Waffen und Munition für die Rebellen entladen.
Gadaffis Sohn und drei Enkel vermutlich getötet
Bei einem gezielten Nato-Luftangriff auf ein Haus in Tripolis am Samstagabend ist nach libyschen Medienberichten Saif al-Arab al-Gaddafi getötet worden. Die Nato und ein US-Regierungsbeamter bestätigten den Tod des 29-jährigen Gaddafi-Sohns am Sonntag zunächst nicht. Umgehend verstärkten Gaddafi-treue Truppen die Angriffe auf die Rebellen.
Wie Libyens Regierungssprecher Mussa Ibrahim im Staatsfernsehen mitteilte, kamen auch drei Enkelkinder Gaddafis bei dem Angriff ums Leben. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Gaddafi und seine Frau hätten sich zu dem Zeitpunkt ebenfalls in dem Haus des Sohnes aufgehalten, seien aber unverletzt geblieben.
Die Nato bestätigte einen Angriff auf ein "Kommando- und Kontroll-Gebäude" im Stadtteil Bab al-Asisija in Tripolis. "Ich weiß von unbestätigten Medienberichten, wonach einige Mitglieder der Familie Gaddafis getötet worden sein könnten", sagte der Kommandeur des Nato-Einsatzes, General Charles Bouchard, am frühen Sonntag, ohne Details zu bestätigen. Alle Nato-Ziele seien militärischer Natur.
Der apostolische Vikar von Tripolis, Giovanni Martinelli, sagte dem italienischen TV-Sender Skytg24 per Telefon, er sei mit Vertretern anderer Kirchen zu den Leichen geführt worden, die vom libyschen Fernsehen und Rundfunk als Gaddafis Sohn und andere Familienmitglieder bezeichnet worden seien.
Russland kritisierte die Nato-Luftschläge dagegen scharf. Man zweifele an der Erklärung der Allianz, wonach die Tötung Gaddafis kein Ziel des Militärbündnisses sei, teilte das Moskauer Außenministerium nach Angaben der Agentur Interfax mit. Der Tod von Familienangehörigen Gaddafis stehe im klaren Widerspruch zur Resolution des Weltsicherheitsrats.
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