Um die Seligsprechung seines Vorgängers zu beschleunigen, hatte Papst Benedikt die vorgeschriebene Wartezeit verkürzt. Grundlage für die Seligsprechung war ein von der Kirche beglaubigtes Wunder.
Hunderttausende Pilger aus aller Welt beobachteten den Festakt auf dem Petersplatz in Rom und auf Großbildschirmen auf vielen Plätzen der Stadt.
Für die Feier hatten sich rund 70 Regierungsdelegationen und 40 Staatsoberhäupter oder Regierungsvertreter angesagt. Belgien war durch König Albert und Königin Paola sowie durch Premier Leterme offiziell vertreten. Auch der ständige EU-Präsident Van Rompuy nahm an der Zeremonie teil.
Santo subito
«Johannes Paul II. ist selig!», rief der Papst am traditionellen Feiertag der Arbeiter auf dem Petersplatz den Gläubigen zu. Der Jubel der Pilger war weithin zu hören. Viele sanken betend auf die Knie. Andere vergossen Tränen der Rührung, als ein Porträt Karol Wojtylas an der Fassade des Petersdoms enthüllt wurde. Bei dessen Beerdigungsfeier am 8. April 2005 hatten mehrere Millionen Gläubige schon gefordert: «Santo subito» (sofort heilig).
Bei der Begräbnisfeier sei bereits der «Duft seiner Heiligkeit» zu spüren gewesen, sagte Benedikt am Sonntag. Deshalb habe er gewollt, dass der Prozess der Seligsprechung seines Vorgängers zwar vorschriftsmäßig, aber «ziemlich rasch» vorangehen konnte. Der deutsche Pontifex hatte den Ruf der Gläubigen erhört und nach nur knapp drei Monaten das Verfahren der Seligsprechung eingeleitet.
Weltweite Begeisterung
Gefeiert wurde nicht nur im Vatikan: Auch in der polnischen Heimat des Papstes jubelten Hunderttausende Katholiken. Im Tempel Göttlicher Vorsehung im Süden der Hauptstadt Warschau stand die Enthüllung des weltgrößten Porträts des Seligen auf dem Programm. Es besteht aus 105.000 Fotos, die Menschen in den vergangenen Wochen den Organisatoren geschickt hatten. Am Samstagabend hatten sich tausende Gläubige in Warschau, Krakau und Wadowice zu Gebetswachen versammelt.
Auch im Heiligen Land feierten Gläubige. Im christlichen Notre Dame Center in Jerusalem wurde die Zeremonie aus Rom live übertragen. Der palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad verfolgte das Geschehen im Johannes Paul II.-Zentrum in Bethlehem. In der Armenischen Katholischen Kirche in Jerusalem, der «Milch-Grotte» in Bethlehem sowie der Verkündigungsbasilika in Nazareth fanden Nachtwachen statt. «Die Seligsprechung des ehrwürdigen Dieners Gottes Johannes Paul II. bewegt uns alle zutiefst», hieß es in einer Erklärung von Vertretern aller christlichen Konfessionen im Heiligen Land - darunter der lateinische Patriarch Fouad Twal.
"Beispielhafter Sohn der polnischen Nation"
«Dieser beispielhafte Sohn der polnischen Nation hat den Christen auf der ganzen Welt geholfen, keine Angst zu haben, sich Christen zu nennen, zur Kirche zu gehören und vom Evangelium zu sprechen», hob Joseph Ratzinger in Rom hervor. Er nahm selbst die Seligsprechung seines früheren Mentors vor. Damit schrieb erstmals ein Papst seinen direkten Vorgänger in das Buch der Seligen ein.
Nach der knapp dreistündigen Seligsprechungszeremonie betete Benedikt am geschlossenen Sarg des neuen Seligen im Petersdom. Der schlichte Holzsarg von Johannes Paul II. kann dann von den Gläubigen noch bis Montagabend besucht werden. Nach Schließung des Doms soll Johannes Paul II. dann in seine endgültige Ruhestätte unter dem Altar der Sebastiankapelle im rechten Teil des Petersdom gebettet werden.
Im Januar hatte der Vatikan den Weg für die Seligsprechung freigemacht, indem er die angebliche Wunderheilung Johannes Pauls an der französischen Nonne Marie Simon-Pierre anerkannte. Sie litt wie er an Parkinson. Die Nonne nahm prominent an der Messe vor dem Dom teil.
b/rkr - Bild: Jacek Bednarczyk (epa)