Die Kämpfe um die seit Wochen belagerte libysche Hafenstadt Misrata machen eine Versorgung der dort eingeschlossenen Menschen immer schwerer.
Nach Angaben der Aufständischen konnten am Mittwoch Schiffe, die Flüchtlinge abholen oder Hilfsgüter liefern wollten, wegen des Beschusses durch die Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi nicht im Hafen anlegen.
Zwar hätten sich die Soldaten weitgehend aus dem Zentrum der Stadt zurückgezogen. Die heftigen Kämpfe um die Kontrolle des Hafens dauerten aber an, sagte Rebellensprecher Ahmed Hassan dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira.
"Die Angriffe haben eine Reihe von Schiffen ferngehalten, die in den Hafen kommen wollten, um Verwundete aus Misrata abzuholen", sagte Hassan. "Weitere Schiffe warten darauf, die Lieferungen von Hilfsorganisationen zu entladen."
EU-Kommission besorgt über humanitäre Lage
Auch die EU-Kommission zeigte sich besorgt über die humanitäre Lage in Misrata. Es sei für Hilfsorganisationen so gut wie unmöglich geworden, Menschen über den Seeweg zu retten, teilte die verantwortliche Kommissarin Kristalina Georgiewa am Mittwoch in Brüssel mit. "Ich appelliere an alle Seiten in dem Konflikt, Zivilisten zu schonen und die humanitäre Hilfe in Misrata wieder zu ermöglichen", sagte die Kommissarin aus Bulgarien.
Die Zahl der Todesopfer im Libyen-Konflikt könnte nach Angaben des US-Botschafters in dem Land bei bis zu 30.000 liegen. Die Schätzungen reichten von 10.000 bis 30.000 Toten, sagte der Diplomat Gene Cretz am Mittwoch in Washington. Es werde schwierig sein, vor Ende der Kämpfe einen konkreteren Überblick zu erhalten.
"Wir erhalten - sogar von Kontaktleuten in Tripolis und im Westen - Berichte über Leichen an Stränden", sagte Cretz. "Wir haben einfach keinen Eindruck vom Ausmaß, bis die Sache vorbei ist."
Neue Offensive im Osten
Gaddafis Truppen bereiten sich nach Einschätzung der Rebellen auf eine neue Offensive im Osten vor. Die Internetzeitung "Brnieq" meldete am Mittwoch, in der Ortschaft Al-Brega seien inzwischen 2000 bis 3000 Soldaten stationiert worden. Diese hätten Raketen und andere schwere Waffen in Tunneln versteckt, um sie vor möglichen Luftangriffen durch die Nato zu schützen. An der Front, die schon seit Wochen zwischen Al-Brega und Adschdabija liegt, hätten sie Minen an Leichen angebracht.
In Tripolis traf am Mittwoch ein Team der Vereinten Nationen ein, um Berichte über Menschenrechtsverletzungen seit Beginn der Gewalt in Libyen Mitte März zu untersuchen. Das verlautete aus Regierungskreisen. Die Ermittler wurden zunächst zu einem Treffen mit Vertretern von Regierung und Parlament gebeten.
Libyen hatte zuvor Russland gebeten, die Einberufung einer Sitzung des Weltsicherheitsrates zu den Nato-Angriffen zu beantragen. Gleichzeitig bemüht sich das Regime um Unterstützung durch die Afrikanische Union, die sich schon vor Wochen vergeblich für eine Verhandlungslösung zwischen Gaddafi und den Aufständischen eingesetzt hatte.
dpa/est - Bild: Str (epa)