Nach Angaben der Wahlkommission im nordindischen Dharamsala kam er auf 55 Prozent der Stimmen.
Die Wahl des Regierungschefs hatte dieses Mal besondere Bedeutung, weil der Dalai Lama als Oberhaupt der Tibeter seine politischen Aufgaben abgeben will.
Sangay setzte sich klar gegen seine zwei Mitbewerber durch. Er wird im Mai in Dharamsala erwartet, dem Sitz der Exilregierung. Sie wird weltweit von keinem Staat anerkannt.
Lebenslauf
Seine Heimat hat Lobsang Sangay noch nie gesehen. Die Eltern des designierten Premierministers der Exil-Tibeter waren 1959 vor der chinesischen Besatzung geflohen und lernten sich erst im nordindischen Exil kennen. In demselben Jahr verließ auch der Dalai Lama, das Oberhaupt der Tibeter, seine Heimat. Sangay kam 1968 in einfachen Verhältnissen in einer Flüchtlingssiedlung bei Darjeeling zur Welt. Seine steile Karriere verdankt er nach seinen Worten unter anderem einer Kuh.
Sangays Vater war in seiner Heimat ein buddhistischer Mönch, in Nordindien schlug sich die Familie mit kleinen Geschäften durch. Sangay erzählte in Interviews, als Kind habe er Holz gesammelt und im Winter Strickwaren verkauft. Die Familie hielt außerdem Hühner und Kühe. Eines der Tiere habe sein Vater damals verkauft, um seine Schulgebühren zu finanzieren, sagte Sangay vor kurzem der britischen BBC. «Ich schulde einer Kuh eine Menge.»
Nach dem Schulabschluss studierte Sangay an der Universität Delhi in der indischen Hauptstadt. Dort engagierte er sich im Tibetischen Jugendkongress, einer der radikaleren Gruppen, die die Unabhängigkeit Tibets von China forderte - anders als der Dalai Lama, der für eine größere Autonomie seiner Heimat eintritt. Inzwischen, so sagt Sangay, vertrete auch er die Haltung des Dalai Lama, der sich aus der Politik zurückziehen will. Viele Aufgaben des Friedensnobelpreisträgers wird dann der politisch weitgehend unerfahrene Sangay übernehmen müssen.
1995 bekam Sangay ein Stipendium für die renommierte Universität Harvard in den USA. Nach seinem Abschluss promovierte der Jurist dort, gleichzeitig setzte er sich für die Sache der Tibeter ein. Mit Ehefrau und Tochter lebt er im Großraum Boston, er arbeitet bislang weiterhin als Wissenschaftler in Harvard.
dpa/est - Bild: epa