"menschlichen Tsunami" und lässt die Migranten in andere EU-Länder weiterreisen. Deutschland und Frankreich sind strikt dagegen. Die Innenminister einigten sich nur auf Minimalkompromisse.
Die Flüchtlingskrise stürzt Europa in eine tiefe Krise und reißt alte Gräben zwischen dem Süden und dem Norden auf. Die Absicht Roms, viele der 23.000 Flüchtlinge auf der Insel Lampedusa kurzerhand in andere Staaten weiterreisen zu lassen, traf am Montag bei den EU- Innenministern in Luxemburg auf erbitterte Ablehnung. Frankreich und Deutschland führen die mächtige Allianz der Kritiker an - doch eine Handhabe gegen Italien haben sie nicht.
Nach EU-Recht kann Italien durchaus Flüchtlingen eine befristete Aufenthaltsgenehmigung ausstellen, mit der sie in andere Länder des grenzkontrollfreien Schengen-Raums weiterreisen. Rom hat dies bisher nur angekündigt, aber noch nicht in die Praxis umgesetzt. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström nahm Italien in Schutz: "Natürlich darf Italien das."
Italien musste von den Partnern massive Kritik einstecken. Österreichs Innenministerin Maria Fekter sprach von einer "unsolidarischen Maßnahme", die zum Kollaps des grenzfreien Schengen-Raums führen könnte: "Das hat einen enormen Staubsaugereffekt auf alle Migranten, die nach Italien gelangen." Italien wolle die illegalen Flüchtlinge nur los werden, bei denen es sich vor allem um Wirtschaftsmigranten aus Tunesien handle.
Zur Entschärfung des Streits will die EU-Kommission mit Tunesien die Rücknahme der Flüchtlinge vereinbaren. Zu diesem Zweck reist EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Dienstag nach Tunesien.
Nur Minimal-Konsens bei Treffen
So soll Italien mehr Unterstützung von EU-Grenzschützern und Geld aus EU-Fonds erhalten. Eine europäische Richtlinie, die es in Ausnahmesituationen erlaubt, Flüchtlinge auf andere europäische Länder zu verteilen, war kein Thema. "So weit sind wir noch nicht, das wäre verfrüht", sagte Kommissarin Malmström. "Man kann auch solidarisch sein ohne Regeln."
Die EU unterscheidet zwischen Flüchtlingen, die wegen politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen - wie beispielsweise aus Libyen - und Wirtschaftsflüchtlingen - wie beispielsweise aus Tunesien. Letztere haben in der Regel kein Recht auf Asyl. Während Italien sein Problem aus Sicht der EU-Partner alleine lösen soll, ist man bereit, dem kleinen Inselstaat Malta zu helfen. Einige EU-Länder wollen nordafrikanische Bürgerkriegsflüchtlinge, die in Malta gestrandet sind und als Asylbewerber gelten, aufnehmen. Dazu gehören Deutschland, Ungarn, Belgien, Schweden und Tschechien. Allerdings sei keine grundlegende Änderung der Kontrollsysteme geplant.
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