Die strahlende Atomruine Fukushima wird zum Dauerproblem. Japan könne einen "langen Kampf" gegen die Atomkrise nicht vermeiden, sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Sonntag der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge.
Aus dem zerstörten Kernkraftwerk könne noch monatelang Radioaktivität entweichen. Es werde möglicherweise mehrere Monate dauern, bis die Lecks gestopft seien.
Die Katastrophenregion ist am Sonntag erneut von einem starken Nachbeben erschüttert worden. Wie der Fernsehsender NHK meldet, hatte die Erschütterung eine Stärke von 5,3. Das Erdbebenzentrum lag 50 Kilometer unter dem Meeresboden vor der Katastrophenprovinz Fukushima. Berichte über weitere Schäden oder Verletzte liegen nicht vor. Eine Tsunami-Warnung gab es nicht.
Wasserabweisende Kunststoffe auch nicht einsetzbar
Die Betreibergesellschaft Tepco versuchte am Sonntag im havarierten AKW Fukushima, ein Leck in einem Kabelschacht des Turbinengebäudes von Reaktor 2 zu stopfen. Daraus sickert weiter radioaktives Wasser ins Meer. Wie japanische Medien berichten, setzten Arbeiter zuletzt wasserabweisende Kunststoffe ein. Diese Versuche schlugen ebenso fehl wie vorhergehende Anstrengungen, den 20-Zentimeter-Riss mit Beton abzudichten.
Tepco hatte am Vortag nach Angaben des Fernsehsenders NHK bestätigt, dass aus dem Leck Wasser mit einer Strahlung von mehr als 1000 Millisievert pro Stunde ins Meer laufe. Greenpeace-Experten bezeichnen die gemessenen Werte als "lebensbedrohlich". Der Atomkonzern rief daraufhin Experten aus Tokio zur Hilfe, meldete die Zeitung "Yomiuri Shimbun" am Sonntag.
Beben tötet zwei Mitarbeiter des Kernkraftwerks
Die im zerstörten Atomkraftwerk gefundenen Leichen der 24 und 21 Jahre alten Angestellten wurden ihren Angehörigen übergeben. Die an den Toten gemessene radioaktive Strahlung habe kein Problem dargestellt, berichteten japanische Medien unter Berufung auf Tepco. Ihre Leichen hätten zahlreiche äußere Wunden aufgewiesen.
Die Männer starben demnach wohl im Block 4 an Schock nach Blutverlust infolge von Megabeben und Tsunami. Sie waren zum Zeitpunkt des Tsunami mit Routineinspektionen am Reaktor 4 beschäftigt gewesen. Ihre Leichen waren am 30. März als erste Tote seit dem Tsunami auf dem AKW-Gelände gefunden worden.
Zusätzliche Prüfer gefordert
Unterdessen wird die Kritik an der japanischen Regierung lauter: Der Gouverneur der Präfektur Fukushima, in der das AKW steht, rügte die Informationspolitik der nationalen Atomaufsichtsbehörde. Die Angaben zur Radioaktivität landwirtschaftlicher Produkte aus der Region seien zu spät veröffentlicht worden, sagte Yuhei Sato nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Kyodo.
"Können Sie die Zahl der Prüfer nicht erhöhen?", fragte Sato. "Die Leben der Bauern stehen auf dem Spiel. Die Frage ist, ob sie morgen leben können." Ein Beamter der Behörde entgegnete lediglich: "Ich habe verstanden." Anschließend habe er Journalisten erklärt, es gebe nicht genügend Materialien für die Tests in der Präfektur.
Die Bevölkerung ist auch wegen der radioaktiven Verstrahlung der Umwelt besorgt. Bei Gemüse und Meeresfrüchten aus der Umgebung der Atomruine wurden laut Kyodo radioaktive Substanzen gemessen, die jedoch unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte lagen. Auch in Meeresfrüchten vor der Küste der Nachbarprovinz Ibaraki sei Cäsium gefunden worden - aber auch dort hätten die Messwerte deutlich unter der gesetzlichen Grenze gelegen.
Küstengebiete verlassen
Die japanische Regierung denkt über eine Umsiedlung von Menschen aus den vom Tsunami zerstörten Küstengebieten nach. Unter anderem werde erwogen, dort Landflächen und Grundstücke aufzukaufen, meldete Kyodo unter Berufung auf Regierungskreise. Die Bewohner könnten in höher gelegene Gebiete ziehen, die Wohnviertel an der Küste komplett aufgegeben werden. In anderen Regionen, wo ein Wiederaufbau möglich erscheint, solle auch die Privatwirtschaft helfen.
Nach Angaben vom Sonntag starben in Folge des Erdbebens und des Tsunamis 12.009 Menschen, 15.472 werden vermisst.
dpa/sh/km - Bild: Dai Kurokawa (epa)