Die Truppen des libyschen Regimes haben nach US-Einschätzung trotz des internationalen Militäreinsatzes weiterhin deutlich die Oberhand.
Die Armee von Diktator Gaddafi sei gemessen an der Truppenstärke und Ausrüstung zehn Mal so schlagkräftig wie die Kämpfer der Opposition, sagte der amerikanische Generalstabschefs Mike Mullen vor dem Streitkräfte-Ausschuss des Abgeordnetenhauses. Gaddafi sei angeschlagen, aber nicht geschlagen, sagte Mullen.
Minister und Vertraute setzen sich ab
Die Machtbasis von Gaddafis löst sich unterdessen immer weiter auf. Großbritannien wertet die Flucht von Außenminister Mussa Kussa nach London als Zeichen für den Zusammenbruch des Regimes. Nach einem Bericht des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira haben sich offensichtlich weitere Vertraute Gaddafis abgesetzt. Zuvor hatten bereits der Innen- und der Justizminister dem Diktator die Gefolgschaft aufgekündigt.
Ein libyscher Topdiplomat, der jetzt auf Seiten der Opposition steht, sagte laut Al-Dschasira, dass die meisten hochrangigen Beamten gern flüchten würden, aber streng bewacht würden und deshalb Schwierigkeiten hätten, das Land verlassen zu können. Auch eine Gruppe von Topbeamten, die zu Gesprächen nach Tunesien gereist war, wolle nicht wieder nach Hause zurückkehren.
Rebellen stehen vor Brega
Die libyschen Aufständischen scheiterten am Donnerstag mit dem Versuch, die Küstenstadt Brega wieder einzunehmen, aus der sie am Vortag von den Regimetruppen vertrieben worden waren. Der Vorstoß mit mehreren Dutzend Fahrzeugen geriet in heftiges Artilleriefeuer der Gaddafi-Verbände und musste abgebrochen werden, berichtete ein BBC-Reporter aus dem Kampfgebiet. Die Milizen der Regimegegner stünden nun unverändert etwa zehn Kilometer westlich der Stadt Adschdabija, sagte der Reporter.
Die Vereinten Nationen haben sich besorgt über die humanitäre Lage in Libyen gezeigt. UN-Flüchtlingskommissar Guterres bezeichnete die Situation als dramatisch. Es sei absolut notwendig, dass die humanitäre Hilfe unverzüglich in dem Land ankomme. Rund 400.000 Menschen seien bereits vor den Kämpfen nach Tunesien oder Ägypten geflohen.
Gaddafi fordert Staatschefs zum Rücktritt auf
Muammar al-Gaddafi mag nicht mehr hören, dass ihn alle Welt immer wieder zum Rücktritt auffordert. Am Donnerstagabend holte er zum Gegenschlag aus und forderte seinerseits den Rücktritt der Staatschef aller Länder, die sich an der militärischen Allianz zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung beteiligen.
Gaddafi sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Jana, die Luftangriffe in Libyen seien eine Neuauflage der Kreuzzüge, "ein Kampf zwischen Muslimen und Christen" auf beiden Seiten des Mittelmeeres. Dass sich inzwischen auch Staaten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit der Allianz angeschlossen haben, verschwieg er.
dpa/jp/km - Bild: Alkis Konstinidis (epa)