Im havarierten Atomkraftwerk Fukushima sind drei Arbeiter hoch radioaktiv verstrahlt worden. Wie die japanische Atomsicherheitsbehörde mitteilte, mussten zwei von ihnen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Sie hätten Verbrennungen an den Beinen erlitten. Die Arbeiter hatten Stromkabel an Reaktor 3 verlegt. Die betroffenen Arbeiter waren 170 bis 180 Milisievert ausgesetzt gewesen, sagte Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomsicherheitsbehörde (NISA) am Donnerstganachmittag (Ortszeit).Sie hatten an Reaktor 3 gearbeitet.
Für die Arbeiter in den Reaktorblöcken war zuvor ein maximaler Strahlengrenzwert von 150 Millisievert festgelegt worden. Insgesamt sind damit seit Beginn der Katastrophe mehr als zwei Dutzend Arbeiter des Kraftwerks verstrahlt worden.
Tokio: Ausgabe von Wasser
In der Hauptstadt Tokio plant die Stadtverwaltung heute die Ausgabe von 240.000 Flaschen Wasser an Haushalte mit Kleinkindern. Im Leitungswasser der Stadt war erhöhte Strahlung gemessen worden. Regierungssprecher Edano rief die Verbraucher auf, den Kauf von abgefülltem Wasser auf das Notwendigste zu beschränken, da es für die Tsunami-Opfer benötigt werde. Geschäfte in Tokio begannen damit, Waren wie Milch, Toilettenpapier, Reis und Wasser zu rationieren.
Lage im AKW weiter sehr angespannt
Bei ihrer lebensgefährlichen Arbeit in Fukushima treten die Ingenieure auf der Stelle. «Nach gegenwärtiger Lage dürfen wir nicht zu optimistisch sein», sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Tokio. Weiterhin steigt Rauch oder Wasserdampf auf. Die Einsatzkräfte wollen die Überhitzung der Reaktoren mit Meerwasser stoppen. Doch das könnte neue Risiken bergen: Ein Experte in den USA warnte vor einer Salzverkrustung der Brennstäbe. Das würde ihre Kühlung blockieren.
Im Reaktor 3 nahmen die Einsatzkräfte ihre Vorbereitungen zur Instandsetzung des Pump- und Kühlsystems am Donnerstagmorgen wieder auf. Die Arbeiten hatten zuvor einen halben Tag stillgelegen, weil von Block 3 schwarzer Rauch aufgestiegen war. Zur Ursache konnten die Behörden keine Angaben machen.
Fernsehbilder zeigten am Donnerstagmorgen, wie weißer Dampf über den Blöcken 1, 2 und 4 aufstieg. Es sei das erste Mal, dass dies auch bei Block 1 beobachtet werde, berichtete der Sender NHK. In diesem Reaktor kam es am 12. März - einen Tag nach dem Erdbeben und Tsunami - zu einer Wasserstoffexplosion, bei der das Reaktorgebäude erheblich beschädigt wurde.
Auch Probleme in Reaktor 5
Unterdessen traten auch Probleme in dem ansonsten unkritischen Reaktorblock 5 auf. Das Pumpsystem des Reaktors sei defekt, so dass die Kühlung ausgefallen sei, sagte Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomsicherheitsbehörde (NISA). Die Situation sei momentan stabil, es müsse aber mit steigenden Temperaturen sowohl im Reaktor als auch im Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe gerechnet werden. Es sei geplant, die Pumpe möglichst bald zu reparieren.
Erhöhte Strahlung
In der weiteren Umgebung des havarierten Atomkraftwerks Fukushima wurde am Donnerstag eine leicht erhöhte Strahlung festgestellt. In der 75 Kilometer nordwestlich gelegenen Stadt Fukushima wurde ein Wert von 5,43 Mikrosievert pro Stunde gemessen, wie der Fernsehsender NHK berichtete. In Minamisoma, rund 30 Kilometer nördlich des Kraftwerks, waren es 1,42 Mikrosievert und in Iwaki, 50 Kilometer südlich, wurden 1,68 Mikrosievert registriert.
Autobahn wieder frei
Fast zwei Wochen nach der Naturkatastrophe in Japan ist die wichtigste Autobahn in der betroffenen Region wieder für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Die Tohoku-Schnellstraße konnte nach dem Erdbeben vom 11. März nur mit Sondererlaubnis genutzt werden. Jetzt stehe die Autobahn wieder für den allgemeinen Verkehr zur Verfügung, damit die Aufräumarbeiten und der Wiederaufbau auf breiter Front in Gang kommen, meldete am Donnerstag die Nachrichtenagentur Kyodo.
Nachbeben
Die japanische Hauptinsel Honshu wurde am Donnerstag erneut von einem Erdbeben erschüttert. Das Zentrum des Erdstoßes der Stärke 4,9 lag in der Präfektur Ibaraki, südlich der Region Fukushima und 58 Kilometer nordnordöstlich von Tokio, wie der staatliche japanische Wetterdienst mitteilte. Eine Tsunami-Warnung wurde nicht ausgelöst.
Der Nord-Osten Japans ist ebenfalls von einem schweren Nachbeben erschüttert worden. Laut US-Erdbebenwarte hatte es eine Stärke von 6,1. Angaben über neue Opfer oder Schäden liegen vorerst nicht vor.
Am 11. März kamen bei dem Beben der Stärke 9,0 und dem anschließenden Tsunami nach offiziellen Angaben mindestens 9523 Menschen ums Leben. Landesweit werden noch immer 16 094 Menschen vermisst.
dpa/jp/est - Bild: tepco (epa)