Im Kampf um die Kontrolle am Atomkraftwerk Fukushima müssen die Einsatzkräfte einen Rückschlag verkraften: Über zwei Blöcken des japanischen Katastrophen-Kraftwerks stiegen am Montag wieder Rauch und Dampf auf.
Gleichzeitig wächst die Angst vor radioaktiv verseuchten Lebensmitteln aus der Region. In den Gebieten rund um die Krisenregion im Nordosten Japans steigt die Strahlenbelastung im Essen und im Trinkwasser. Für vier Präfekturen verhängte die Regierung in Tokio am Montag ein Lieferverbot für Milch und mehrere Gemüsesorten. Ein komplettes Dorf in der Fukushima-Region darf kein Leitungswasser mehr trinken.
Erhöhte Radioaktivität gibt es in Japan unter anderem bei Blattgemüse wie Spinat. Der Norden der Präfektur Fukushima ist eine der wichtigsten Anbauregionen für Reis, Obst und Gemüse und wird auch für Milchwirtschaft genutzt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO ist über die Belastung von Lebensmitteln «stark besorgt», wie ein Sprecher in Genf sagte.
Neuer Rauch
In Fukushima beschossen am Montag erneut Wasserwerfer Abklingbecken der Reaktoren 3 und 4 über Stunden mit Meerwasser, um die heißen Brennstäbe zu kühlen. Über dem Abklingbecken von Block 3 wurde gegen 16 Uhr Ortszeit grauer Rauch gesichtet, der sich dann wieder verzog. Später war auch über Block 2 Dampf zu sehen.
Die Ursachen waren in beiden Fällen unklar, wie ein Sprecher der Atomsicherheitsbehörde NISA laut der Nachrichtenagentur Kyodo sagte. Die Radioaktivität sei nicht «dramatisch» gestiegen. Tepco zog wegen des Rauchs die Arbeiter zwischenzeitlich von den besonders gefährlichen Geländeteilen ab. Block 3 des Katastrophen-Kraftwerks gilt als besonders gefährlich, da er Brennstäbe aus einem Plutonium-Uran-Mischoxid (MOX) benutzt. Plutonium ist nicht nur radioaktiv, sondern auch hochgiftig.
Inspektionsmängel
Schon vor dem Erdbeben vom 11. März soll die Betreiberfirma in Fukushima geschlampt haben: Die Atomsicherheitsbehörde NISA warf Tepco einige Tage vor der Katastrophe Inspektionsmängel vor, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete. In Fukushima 1 seien 33 Geräte und Maschinen nicht ordnungsgemäß überprüft worden. Ähnliche Mängel habe es auch in zwei weiteren Anlagen gegeben: Betroffen seien außerdem das Atomkraftwerk Fukushima 2 und das Kraftwerk Kashiwazaki-Kariwa an der Westküste Japans. Insgesamt seien in allen drei Anlagen mehr als 400 Geräte und Maschinen nicht wie vorgeschrieben inspiziert worden, hieß es Ende Februar in einem Bericht von Tepco an die Aufsichtsbehörde.
Notlage
Auch zehn Tage nach Erdbeben und Tsunami harren noch 350.000 Menschen in Notunterkünften aus. Zehntausende verbringen die Nächte weiter in bitterer Kälte und Regen. Zwar treffen allmählich Hilfsgüter ein. Und die Reparaturarbeiten unter anderem an den Gas- und Wasserleitungen sind im Gange. Doch vielerorts mangelt es an Heizöl und Öfen. Die Zahl der geborgenen Toten stieg auf 8649, hinzu kommen offiziell 13.262 Vermisste.
Ministerpräsident Naoto Kan sprach am Montag von einem «langsamen, aber stetigen Fortschritt» in der Atomkrise. Wegen des schlechten Wetters sagte er jedoch einen seit Tagen geplanten Flug in das Katastrophengebiet ab.
dpa - Bild: Tepco (epa)