In der Hauptstadt Tripolis haben sich nach dem Freitagsgebet mehr als tausend Gegner und Anhänger Gaddafis eine Massenschlägerei geliefert. Gaddafi-treue Milizionäre schossen nach Angaben von Augenzeugen in die Luft.
Die Stadtteile Tadschura und Souk al-Jumaa, in denen es auch Anti-Regime-Proteste gab, wurden laut Augenzeugen von Gaddafi-Truppen mit Panzern umstellt.
In der Umgebung der Ölstadt Al-Brega flogen Kampfjets Luftangriffe gegen Aufständische. Ein Arzt in der östlichen "Rebellen-Hauptstadt" Bengasi sagte, in Al-Brega hätten die Truppen Gaddafis auch Panzer und Hubschrauber eingesetzt. Im benachbarten Adschdabija hätten sie ein Munitionsdepot und einen Versammlungsort bombardiert. 18 Menschen seien getötet worden. Von anderer Seite wurde dies nicht bestätigt.
Bei den Kämpfen rund um die Stadt Al-Sawija im Westen wurden nach einem Augenzeugenbericht im Sender Al-Arabija 13 Menschen getötet. Zu den Gaddafi-Truppen gehörten auch ausländische Scharfschützen.
Im Westen Libyens will sich Gaddafi aber auch Unterstützung erkaufen. Oppositionsmedien meldeten, er habe Vermittler nach Misrata, Nalut und Al-Sawija geschickt. Die Tageszeitung 'Al-Sharq Al-Awsat' berichtete, in Al-Sawija hätten Gesandte Gaddafis Familien, die durch die Unruhen ein Mitglied verloren haben, umgerechnet 145.000 Euro angeboten.
Sorge um Flüchtlinge wächst
Hilfsorganisationen schlagen Alarm. Eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sagte in Genf: "An der Grenze sind auf der libyschen Seite jetzt schwer bewaffnete Regierungstruppen stationiert." Flüchtlinge würden bedrängt. Nachdem zuvor täglich bis zu 15.000 Menschen über die Grenze geflohen waren, kamen in Tunesien zuletzt nur noch knapp 2000 Flüchtlinge an. Viele Flüchtlinge seien verängstigt und nicht bereit, über ihre Erlebnisse zu sprechen.
An der libysch-tunesischen Grenze begannen europäische Staaten, Menschen in Sicherheit zu bringen. Die EU-Kommission koordiniert eine "Luft- und Seebrücke". Das UN-Kinderhilfswerk Unicef will am Wochenende Hilfsgüter für etwa 190.000 Menschen in betroffene Grenzgebiete bringen. Die Organisationen riefen zu Spenden auf.
Demos in Nachbarländern - EU-Gipfel in einer Woche
Nach dem traditionellen Mittagsgebet demonstrierten die Menschen in mehreren arabischen Ländern für Reformen. Im Irak gingen die Sicherheitskräfte teils mit Gewalt gegen Proteste vor. Im Jemen tötete das Militär zwei Demonstranten, die gegen die Korruption auf die Straße gegangen waren.
Im Sultanat Oman forderten Demonstranten eine Bestrafung korrupter Regierungsmitglieder und eine Umbildung des Kabinetts. Außerdem warben sie für mehr Bürgerbeteiligung an den Entscheidungsprozessen. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo bereiteten zehntausende Demonstranten dem neuen ägyptischen Interims-Regierungschef Essam Scharaf einen stürmischen Empfang.
Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen am 11. März zu einem Sondergipfel zur Lage in Libyen und Nordafrika zusammen. Dabei gehe es darum, den demokratischen Wandel in Staaten wie Tunesien, Ägypten oder Libyen zu unterstützen, heißt es in einem Einladungsschreiben des EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy. Bei dem Gipfel in Brüssel soll auch über die Gefahren illegaler Einwanderung aus dem südlichen Mittelmeer gesprochen werden.
dpa/km - Bild: Mohamed Messara (epa)