Zwei Tage nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg hat sein Nachfolger Thomas de Maizière (CDU) die Arbeit als Verteidigungsminister aufgenommen.
Bundespräsident Christian Wulff überreichte dem bisherigen Innenminister und dessen Nachfolger Hans-Peter Friedrich (CSU) am Donnerstag im Schloss Bellevue die Ernennungsurkunden. Im Beisein von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erhielt Guttenberg von Wulff zugleich die Entlassungsurkunde.
Wegen des Umgangs mit Guttenberg bahnt sich in der Union neuer Ärger an. Die Staatsanwaltschaft Hof kündigte ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Guttenberg wegen der Plagiatsvorwürfe bei dessen Doktorarbeit an.
Der neue Innenminister Friedrich musste sich bereits an seinem ersten Arbeitstag mit einem Kernthema seines Ressorts befassen, der inneren Sicherheit: Die Bundesanwaltschaft ermittelt nach dem Frankfurter Anschlag auf US-Soldaten wegen des Verdachts auf eine «islamistisch motivierte Tat». Ein 21 Jahre alter Kosovare hatte am Mittwoch am Frankfurter Flughafen an einem Militärbus zwei US-Soldaten erschossen.
Groll in München
CSU-Chef Horst Seehofer warf Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundesbildungsministerin Annette Schavan (beide CDU) in scharfem Ton vor, Guttenberg in den Rücken gefallen zu sein. Der bayerische Ministerpräsident bezog sich in der «Bild»-Zeitung auf ein nicht dementiertes Zitat Lammerts, der die Plagiatsaffäre als «Sargnagel» für das Vertrauen in die Demokratie» bezeichnet haben soll. Die Merkel-Vertraute Schavan hatte in einem Interview gesagt, sie schäme sich als Wissenschaftlerin «nicht nur heimlich» für Guttenberg.
«Die Äußerungen von Frau Schavan und Herrn Lammert waren nicht in Ordnung», sagte Seehofer nun. «Das war nicht solidarisch. Zum Selbstverständnis der Union sollte gehören, dass man den eigenen Leuten beisteht, ihnen nicht öffentlich in den Rücken fällt.» Darüber werde noch zu reden sein. Aus der CSU-Landesgruppe in Berlin hieß es, die Verärgerung über Lammert und Schavan sei sehr groß gewesen.
Bei der Ernennungszeremonie wünschte Wulff de Maizière und Friedrich viel Erfolg. Der Bundespräsident drückte Guttenberg Dank und Anerkennung aus und wünschte ihm «neuen Erfolg». «Ich danke Ihnen für Ihren überaus engagierten Einsatz für unser Land und zolle Ihnen ausdrücklich Respekt.» Im Verteidigungsministerium war im Anschluss die Amtsübergabe an de Maizère mit militärischen Ehren geplant.
Was sagen die anderen Parteien?
Die FDP warf Guttenberg vor, er hinterlasse dem neuen Verteidigungsminister schwierige Aufgaben. «Ich werfe Herrn zu Guttenberg jetzt keine Steine nach. Richtig ist aber, dass das Wesentliche noch zu tun ist», sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner im Deutschlandfunk. Guttenberg hatte am Dienstag erklärt, er habe «ein weitgehend bestelltes Haus» hinterlassen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Bundesregierung auf, die geplante Bundeswehrreform nach dem Ministerwechsel zu verschieben. Wenn de Maizière mehr Zeit brauche, werde die SPD dies unterstützen, sagte er dem Sender NDR Info. Vor allem müsse geklärt werden, wie die Bundeswehr freiwillige Soldaten rekrutieren wolle. Dazu bräuchten interessierte Frauen und Männer eine klare Berufsperspektive.
Linke-Chefin Gesine Lötzsch kritisiert, dass mit Friedrich nun ein CSU-Mann für den Aufbau Ost zuständig ist. Merkel müsse das Thema wieder im Kanzleramt ansiedeln.
Skandalforschung
Nach Ansicht des Skandalforschers Hans Mathias Kepplinger von der Uni Mainz hat der Sturz Guttenbergs in der Reihe der politischen Skandale in Deutschland eine ganz neue Dimension. «Bislang drehten sich fast alle politischen Skandale um Geld und geldwerte Vorteile, zweites Thema waren das Dritte Reich und Antisemitismus», sagte er der Nachrichtenagentur dpa. «Bei Guttenberg geht es erstmals um die Ehre», erläuterte der Professor. Hinzu komme, dass die Medien diesmal nicht die Meinung der Mehrheit geprägt hätten - bis zuletzt sei Guttenberg beliebt gewesen.
Jörg Blank und Marc-Oliver von Riegen (dpa) - Bild: Wolfgang Kumm (epa)