Wenn die englische Fußballnationalmannschaft bei einem großen Turnier spielt, nimmt die häusliche Gewalt im Lande zu. Das ist die Botschaft einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne, die von Hilfsorganisationen im Vereinigten Königreich gestartet wurde. "Es gibt eine dunkle Seite des Fußballs", sagt eine Frau in dem Kampagnen-Video. Sie trägt ein Fußballtrikot mit der Nummer 38, wie alle anderen Frauen in dem Video.
Denn die Berichte über häusliche Gewalt steigen um bis zu 38 Prozent, wenn die männliche englische Fußballnationalmannschaft bei einem großen Turnier verliert. Aber auch bei einem Sieg oder Unentschieden gibt es mehr Berichte über häusliche Gewalt. Dann gehen 26 Prozent mehr Meldungen ein. Auch am Tag nach dem Spiel gibt es trotz des Ergebnisses einen Anstieg um elf Prozent.
Diese Zahlen stammen aus dem Jahr 2014, als die Universität von Lancaster die Ergebnisse einer einjährigen Studie veröffentlichte. Die Studie untersuchte die Auswirkungen von drei aufeinanderfolgenden Fußballweltmeisterschaften auf häusliche Gewalt im Nordwesten Englands. Nach Angaben der Organisationen ist das Thema noch immer sehr aktuell.
Situation in Belgien
"Es gibt noch keine vergleichbaren Untersuchungen für unser Land", sagt Koen Dedoncker von der Vereinigung gegen häusliche Gewalt "Zijn, Beweging tegen Geweld". Er geht aber davon aus, dass das ziemlich ähnlich in Belgien ist.
"Wenn man sich alles rund um ein so großes Fußballturnier anschaut, sieht man, dass es viele Risikofaktoren für häusliche Gewalt gibt", erklärt er. "An erster Stelle steht der Alkohol." Vor allem in Verbindung mit Frustration und Enttäuschung bei Niederlagen sei der Alkohol ein giftiger Cocktail. "Dann kann der kleinste Trigger ausreichen, dass manche zu Gewalt greifen, die die ganze Familie in Mitleidenschaft ziehen kann."
Häusliche Gewalt kann Kindesmissbrauch, Gewalt gegen einen Elternteil, Gewalt zwischen Geschwistern und Partnergewalt umfassen, aber auch andere Formen annehmen. So gibt es neben körperlicher Gewalt auch sexuelle Gewalt, emotionale Gewalt (wie durch Demütigung oder Kontrolle). Es gibt auch finanzielle Gewalt (durch Erpressung oder extreme finanzielle Abhängigkeit).
Als Opfer kann man sich jemandem anvertrauen und versuchen, darüber zu sprechen. In einer Notsituation sollte man nicht zögern, die Polizei unter der 101 anzurufen.
Wenn man ein Opfer kennt, kann man wissen lassen, dass man für das Opfer da ist. Dabei sollte man ein offenes Ohr haben, ohne zu urteilen - aber die Sache auch nicht verharmlosen. Man sollte auch diskret sein. Man kann zudem auf professionelle Beratung hinweisen.
Empfohlen wird auch, dem Opfer nicht die eigene Meinung aufzuzwingen. Das kann kontraproduktiv sein, denn die Opfer neigen dazu, sich zu verschließen. Sie müssen am besten selbst den Schritt zur Beratung wagen.
In Notfällen sollte man sich aber auch bei der Polizei melden, wenn das Opfer selbst nicht dazu in der Lage ist.
vrt/mz