Ermutigt von den Volksaufständen in Ägypten und anderen arabischen Ländern haben erstmals auch in China Hunderte Menschen in verschiedenen Städten demonstriert. Ein Großaufgebot der Polizei löste Menschenansammlungen in Peking und Shanghai innerhalb von nur einer Stunde auf. Dabei sei es zu Festnahmen gekommen, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.
Das in Hongkong ansässige Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratie in China berichtete, mehr als 100 chinesische Aktivisten seien unter Hausarrest gestellt oder in Polizeigewahrsam genommen worden.
Die Demonstranten folgten einem Aufruf zu einer «Jasmin-Revolution» wie in Tunesien und zu Demonstrationen in 13 Städten. Die Urheber des Appells waren unbekannt. Doch wurden exilchinesische Gruppen dahinter vermutet. Der Aufruf verbreitete sich in Windeseile über das Internet. Er wurde von Forderungen nach einem Ende der Ein-Parteien-Herrschaft, Freiheit, Gerechtigkeit, politischen Reformen und besseren Lebensbedingungen begleitet. Die chinesische Zensur blockte das Suchwort «Jasmin» in sozialen Netzen im chinesischen Internet. Auch wurden SMS-Kurznachrichten zensiert.
In der stark frequentierten Haupteinkaufsstraße Wangfujing im Herzen Pekings versammelten sich einige hundert Menschen vor einem Fast-Food-Restaurant. Die Polizei habe die Ansammlung nach einer Stunde aufgelöst, berichtete die Staatsagentur Xinhua. Ähnlich ging die Polizei in Shanghai auf dem Volksplatz gegen eine Menschenmenge vor. Drei Teilnehmer seien abgeführt worden. Ein Mann habe angefangen, eine Rede an die Demonstranten zu richten, sei aber wieder verschwunden, als die Polizei gekommen sei, berichtete Xinhua.
Die im Ausland ansässige chinakritische Webseite Boxun, auf der der Aufruf auch veröffentlicht wurde, wurde von Hackern attackiert und lahmgelegt. Am Sonntag lief die Webseite behelfsmäßig wieder und verbreitete Augenzeugenberichte von Internetnutzern aus verschiedenen Städten Chinas. Wie Twitter, Facebook oder YouTube ist die Webseite in China zwar blockiert, doch benutzen heute nicht mehr nur Bürgerrechtler, sondern auch immer mehr einfache Chinesen Proxys oder Tunnel, um die Blockaden im Internet zu umgehen. China hat mit 450 Millionen Nutzern die größte Internetgemeinde der Welt.
Andreas Landwehr (dpa) - Bild: How Hwee Young (epa)