Die Schweizer lassen sich nicht entwaffnen. Die Volksinitiative 'Schutz vor Waffengewalt' - ein Bündnis aus Frauen, Grünen und Linken - erhielt am Sonntag nicht die erforderliche Zustimmung aus der Mehrheit der Kantone. Die rund acht Millionen Einwohner dürfen ihre 2,5 Millionen Waffen behalten.
Während bei den Gegnern der Volksinitiative Genugtuung angesichts der unerwartet deutlichen Ablehnung herrscht, wollen die unterlegenen Befürworter weiterkämpfen. Es gebe zu viele Selbstmorde und Tötungsdelikte mit Waffen in der Schweiz. Dazu trage bei, dass Soldaten ihre Gewehre und Pistolen mit nach Hause nehmen und auch nach Ende ihrer aktiven Dienstzeit behalten dürften.
Es handele sich um einen Sieg "der konservativen, ländlichen und deutschsprachigen Schweiz", kommentierte der Politikwissenschaftler Claude Longchamp das Ergebnis. Tatsächlich stimmten die Kantone, in denen Deutsch die Hauptsprache ist, gegen die Einschränkung im Waffenrecht. Im französischsprachigen Genf dagegen waren 61 Prozent dafür. Doch für eine Mehrheit, die sowohl aus der Zahl der Stimmberechtigten wie auch der Kantone hätte bestehen müssen, reichte es nicht.
Erinnerungen an Amoklauf vs. Schweizer Werte
Dabei hatte es zu Beginn der Initiative, für die ziemlich schnell die 100.000 nötigen Unterschriften zusammenkamen, noch ganz gut für die Befürworter eines schärferen Waffenrechtes ausgesehen. Sie machten Wahlkampf mit Erinnerungen, etwa dem schrecklichen Amoklauf im September 2001, als ein mit den Behörden im Clinch liegender Mann das Kantonsparlament von Zug stürmte und 14 Menschen tötete. 2006 wurde die Skirennfahrerin Corinne Rey-Bellet von ihrem Mann wegen eines Ehestreits erschossen. Und unvergessen ist die sinnlose Tat eines 21-jährigen Rekruten in Zürich, der mit seinem Armeegewehr eine völlig unbeteiligte und an einer Bushaltestelle wartende 16-Jährige tötete.
Zunächst gab es bei Umfragen eine klare Mehrheit für die Befürworter. Doch dann kippte die Stimmung. Mit zerknüllten Papierlaternen, auf denen das Schweizerkreuz zu sehen war, sprang die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP), die größte politische Kraft des Landes, auf den Wahlzug auf. "Schweizer Werte zerstören?" fragte sie demagogisch auf Plakaten und führte beim Thema weg von der Sicherheit, um die vor allem Frauen bangen, hin zu einer nationalen Wertefrage.
Heinz-Peter Dietrich, dpa - Illustrationsbild (epa)