Krisenlösung in kleinen Schritten: Ägyptens Präsident Husni Mubarak hat am Dienstag weitere Zugeständnisse an die Opposition gemacht, um einen friedlichen Machtwechsel bei den nächsten Wahlen im September zu ermöglichen.
Dessen ungeachtet setzten Tausende von Demonstranten ihren Protest in Kairo und anderen Städten des Landes fort, um den Rücktritt Mubaraks zu erzwingen.
Mubarak bildete ein elfköpfiges Komitee aus Richtern und Juristen, das in den kommenden Wochen die ägyptische Verfassung überarbeiten soll. Die Mitglieder des Komitees gelten weitgehend als unabhängig und glaubwürdig.
Es geht um drei Punkte: Die Bedingungen für eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl sollen gelockert werden, um auch Oppositionsvertretern die Bewerbung zu ermöglichen. Zweitens soll die Amtszeit des Präsidenten künftig beschränkt werden. Drittens will die Opposition eine bessere Kontrolle der Wahlen durch die Justiz in der Verfassung festschreiben. Einige Oppositionelle plädieren außerdem für ausländische Wahlbeobachter.
Der Fahrplan
Vizepräsident Omar Suleiman sagte am Dienstag im Staatsfernsehen, derzeit werde ein Fahrplan für einen friedlichen Machtwechsel mit einem festen Zeitplan erarbeitet. Mubarak habe außerdem versprochen, dass es keine Strafverfolgung der Demonstranten geben werde.
Die Massenproteste gegen Mubarak gingen am Dienstag in die dritte Woche. Am Nachmittag strömten erneut Zehntausende Menschen zu einer Großdemonstrantion gegen das Regime auf den Tahrir-Platz in Kairo und verstärkten die Reihen der dort seit Tagen campierenden «Dauerdemonstranten». Auch in anderen Landesteilen dauerten die Proteste an.
Besuch vom Nachbarn
Mubarak empfing am Dienstag den Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Abdullah bin Said al-Nahjan. Das meldete der Nachrichtensender Al-Arabija. Die Herrscher der Golfstaaten sind mehrheitlich gegen einen schnellen Rücktritt Mubaraks - wahrscheinlich weil sie befürchten, dies könnte auch Oppositionelle in ihren Ländern zu Protesten ermutigen.
Die USA hatten am Vortag die Gespräche der ägyptischen Führung mit der Opposition grundsätzlich begrüßt, aber auch Kritik an deren Verlauf geübt. Die Bandbreite der Gespräche sei nicht ausreichend, sagte Philip Crowley, Sprecher des US-Außenministeriums, nach Angaben des Senders CNN. Viele «wichtige Personen der ägyptischen Gesellschaft» seien an den Gesprächen gar nicht beteiligt.
Islamophobie?
Der Nordafrika-Experte der Bertelsmann-Stiftung, Hauke Hartmann, stufte Ängste vor einem islamistischen Regime in Ägypten als unbegründet ein. «Es geht aktuell nicht um eine islamisch geprägte Regierung, sondern darum, islamistische Organisationen in den Demokratisierungsprozess einzubinden», sagte Hartmann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. «Eine Islamophobie (Islamfeindlichkeit) ist nicht angebracht.» In Expertenkreisen werde das Wählerpotenzial der Muslimbrüder nur auf 20 bis 30 Prozent geschätzt. «Sie sind also weit davon entfernt, die Politik in Ägypten zu dominieren.» Vergleiche mit Teheran während der Islamischen Revolution 1979 seien nicht haltbar.
Gregor Mayer und Anne-Béatrice Clasmann (dpa) - Bild: Hannibal Hanschke (epa)